Der Scenic von Renault war seit seiner ersten Präsentation in den 90er Jahren ein ernst zu nehmender Van – viel Platz, bezahlbar und mit seiner ungewöhnlichen Optik immer wieder auch futuristisch. Auf der IAA Mobility 2023 hat Renault unter diesem Namen (mit dem Zusatz E-Tech) jetzt ein Elektroauto vorgestellt, das einem Trend bei dieser Antriebsart folgend eher SUV-Format hat. Die Außenmaße bleiben aber relativ bescheiden – und zugleich soll der Renault Scenic E-Tech mit die höchste Reichweite in seiner Klasse bieten.
Renault-Reichweite wie Oberklasse-Elektroautos
Dank der Plattform CMF-EV, die der Kooperation zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi entstammt, ist der Scenic eine reine Elektroauto-Entwicklung, die nicht von einer Verbrenner-Basis ausgehend umgerüstet wurde. Das tut ihm wirklich gut, wie die Daten zeigen und wir beim ersten Probesitzen auf der IAA feststellen konnten.
In der Basisversion beträgt die Akku-Kapazität knapp 60 Kilowattstunden, mit denen das SUV auf eine Reichweite von 420 Kilometern kommt. Tesla holt bei seinem kleinsten Model Y aus etwa der gleichen Kapazität mit 455 Kilometern auf Standard-Rädern mehr heraus. Doch den Scenic E-Tech soll es auch mit größerer Batterie von 87 Kilowattstunden geben. Die genügt dann für bis zu 620 Kilometer nach WLTP, während das Model Y Long Range mit etwa 8 kWh weniger maximal 565 Norm-Kilometer schafft.
Werte oberhalb von 600 Kilometern gibt es im SUV-Segment ansonsten nur bei teuren und großen Elektroautos wie dem BMW iX, dem Mercedes EQS SUV oder dem Tesla Model X. Dafür geht das Laden bei Renault relativ gemächlich vonstatten – bis zu 130 Kilowatt mit dem kleineren Akku, bis 170 Kilowatt bei dem größeren. An Wechselstrom-Säulen kann der Renault mit bis zu 22 kW nachladen, was eher überdurchschnitlich ist.
Optisch bleibt der Scenic auch als elektrisches SUV gefällig. Er ist modern gezeichnet und recht eckig ausgeführt. In der bei der IAA gezeigten Variante mit mehr Akku-Kapazität waren die Räder ziemlich groß – 20 Zoll. Das könnte auf Kosten des Fahrkomforts gehen, und für maximale Reichweite wäre mit einem kleineren Format zu rechnen. Ansonsten traut sich Renault recht wenig. Das ist nicht schlimm, denn wild muss ein für Familien geeignetes Fahrzeug nicht unbedingt sein.
Der Kofferraum des neuen Elektroautos ist augenscheinlich nicht der größte. 545 Liter stehen nach Angaben des Herstellers zur Verfügung. Einen variablen Ladeboden hatte das Ausstellungsfahrzeug auf der Messe nicht.
Man sitzt durchaus bequem im Scenic, selbst als große Person auf dem Fahrersitz. Fraglich ist, ob die ungewöhnlich aufrechte Beinposition auf langen Reisen bequem bleibt. Die Materialien im Innenraum wirkten hochwertig, auch wenn man an der ein oder anderen Stelle sieht, dass der Franzose kein Oberklasse-Fahrzeug ist. Ein spannendes technisches Detail ist das Glasdach. Es kann seine Lichtdurchlässigkeit durch einen eingebetteten Polymer-Flüssigkristall-Film verändern. Das konnten wir ausprobieren – es funktioniert.
Preis nah an Tesla Model Y zu erwarten
Beim Infotainment setzt Renault auf ein Betriebssystem auf Android-Basis. Bei unserem IAA-Test reagierte es schnell und flüssig. Ein 12 Zoll großes Display hält alle wichtigen Informationen bereit und dient zum Einstellen vieler Funktionen. Dazu gehört auch die Klimaanlage. Das empfanden wir durchaus als fummelig, da die Icons recht klein waren. Vermutlich gewöhnt man sich daran aber schnell. Ein weiteres Display hinter dem Lenkrad zeigt Fahrinformationen wie die Geschwindigkeit an.
Insgesamt ist der Scenic E-Tech eine interessante Vergrößerung der Renault-Palette und der Auswahl für Elektroauto-Interessenten. Geräumiger als als der bereits erhältliche Megane als Elektroauto, könnte er eine gute Wahl für Familien sein. Eine große Rolle dabei spielen natürlich die Preise, die Renault jetzt noch nicht nannte. Sie dürften leicht oberhalb des elektrischen Megane liegen, also vielleicht ab 47.000 Euro und damit nahe an dem Preis, den Tesla mindestens für das Model Y nimmt. Die Produktion soll laut Renault im ersten Halbjahr 2024 beginnen.