Wer Elektroauto fährt, hat eines immer dabei: reichlich Strom. Genutzt für den Antrieb, bleibt er dem Fahrzeug aber ausschließlich selbst vorbehalten und kann nur schwerlich für andere Dinge wie bidirektionale Anwendungen genutzt werden. Natürlich sind auch USB-Anschlüsse und Zigarettenanzünder im Grunde kleine Steckdosen, doch deren 12 Volt sind für größere Verbraucher wie Kaffeemaschinen oder Notebook-Ladegeräte schlecht geeignet. Aber das lässt sich ändern, wie der YouTube-Kanal Batterista zeigt – ab 200 Euro und mit etwas Bastelei. Mit etwas mehr Geldeinsatz sogar ziemlich professionell.
Großer Tesla-Akku lädt den kleinen nach
Die Grundüberlegung ist, dass jeder Tesla eine 12-Volt-Versorgungsbatterie an Bord hat, die durch die Fahrbatterie ständig nachgeladen wird – man kann sich also ruhig intensiv aus ihr bedienen. Hier setzt die Idee der YouTuber an: An die kleine Batterie wird ein Wechselrichter angeschlossen, der die verfügbaren 12 Volt Gleichstrom zu 230 Volt Wechselstrom wandelt. Das ist die Grundlage für den Betrieb größerer Verbraucher. Die notwendigen Schritte sind im Grunde unfassbar einfach: Batterie finden (im Model 3 zum Beispiel vorn im Frunk unter einer einfach eingeclipsten Abdeckung), Plus- und Minus-Pol-Klemmen lösen, den Wechselrichter daran anschließen, fertig. Dann ist er einsatzbereit und kann zum Beispiel Strom für die im Video gezeigte Kaffeemaschine liefern.
Zu beachten bei der gezeigten Idee ist, dass die Wandler für die zu betreibenden Geräte geeignet sein müssen. Einerseits gibt es sogenannte Sinus-Wandler, die eine reine Sinuswelle Wechselstrom mit 50 Hz bereitstellen; andererseits sind billigere Varianten erhältlich, die den Wechselstrom nur grob pulsen. Derartige Wechselrichter sind für empfindliche Netzteile nicht geeignet. Die reinen Sinus-Wandler sind recht teuer, wobei ein weiterer Faktor beachtet werden muss: ihre Leistungsfähigkeit. Kleinere Geräte schaffen um die 500 Watt und sind recht bezahlbar. Größere mit bis zu 1200 Watt können schnell 1000 Euro kosten, sind dann aber auch extrem hochwertig und stellen eine absolut reine Sinuswelle zur Verfügung.
Die YouTuber nutzen eine Zwischenlösung, die zwar auch eine Sinuswelle liefert, aber auf deutlich einfachere Technik setzt. Der von ihnen genutzte Wechselrichter stammt von Novopal und kostet ca. 350 Euro. Der Anschluss an die 12-Volt-Stromquelle des Tesla wurde mit zwei einfachen Kabelklemmen umgesetzt. Vorab demontierten die beiden die Verkleidung des Frunks im Model S.
Die zwei Tesla-Fahrer im Video begehen dabei allerdings einen gefährlicher Fehler: Sie bauen keine Sicherung ein. Das ist ein grober Schnitzer, der im Extremfall zu einem Brand des Elektroautos führen könnte. Üblich sind Flachsicherungen, die auf den Querschnitt der Kabel angepasst werden müssen. Sie sichern die Kabel ab und verhindern das Schmelzen bzw. Brände an sich. Kommt es zum Kurzschluss, brennt nur die Sicherung durch, und nichts weiter passiert.
Ganz generell muss aber beachtet werden, dass die 12-Volt-Batterie in den Tesla-Modellen für gewöhnlich ziemlich klein ist. Vielleicht 40 Ah stellt sie zur Verfügung. Wechselrichter-Hersteller wie IBS (ein Qualitätsausrüster) geben an, das bei Wechselrichtern mit knapp 1200 Watt mehr als 100 Ah benötigt werden, jedenfalls im Stand. Der Grund: Die ursprünglichen Einsatzgebiete liegen im Campingbereich, wo die Fahrzeuge stehen und die Lichtmaschine (bei Verbrennern) nicht nachlädt. Die große Kapazität soll sicherstellen, dass der Betrieb des Wechselrichters für eine gewisse Zeit unproblematisch möglich ist. Wie sich die kleine Batterie im Tesla auf Dauer schlägt, zeigt das Video auf Youtube nicht.
Cybertruck-Strom für Cyberquad
Bidirektionale Anwendungen sind gerade bei Elektrofahrzeugen nützliche Features. Bei dem vor kurzem vorgestellten Elektroauto MPDV von Canoo wird die Möglichkeit, auch große Verbraucher wie Schlagbohrer anzuschließen, sogar offensiv beworben. Auch der Tesla Cybertruck soll mit einer starken Steckdose kommen, sogar zum Aufladen des an ihn angelehnten Cyberquad. Werkzeuge sind allerdings anspruchsvoller, denn Geräte mit Motoren benötigen teils hohe Anlaufströme, um die Magnetfelder zu überwinden. Der Wechselrichter braucht deshalb mehr Leistung, als der Dauerbedarf solcher Verbraucher es vermuten lässt. Bei reinen Heizverbrauchern wie Kaffeemaschinen spielt das aber eine untergeordnete Rolle.