Wenn es nur nach den Kosten ginge und die Kunden richtig rechnen würden, müsste VW in Deutschland viel mehr von seinem Elektroauto ID.3 verkaufen als von seinem Verbrenner-Klassiker Golf statt umgekehrt. So kann man eine Studie verstehen, die am Dienstag die Organisation International Council on Clean Transportation (ICCT) veröffentlichte: Die beiden Volkswagen dienen als Beispiel für Kalkulationen, laut denen kompakte Elektroautos selbst ohne Subventionen bereits weniger kosten als Verbrenner in der gleichen Klasse. Noch kleinere dagegen sollen sich bislang nur mit dem deutschen Umweltbonus rechnen.
VW ID.3 insgesamt billiger als Golf
Der reine Kaufpreis ist ein Faktor, der bei Entscheidungen als Signal oft im Mittelpunkt steht, führt bei Elektroautos aber oft in die Irre, weil deren laufende Kosten insbesondere für Energie niedriger sind. Aussagekräftiger ist deshalb eine Betrachtung der „total cost of ownership“ (TOC), wie sie ICCT jetzt vorgenommen hat. In der aktuellen deutschen Förderlandschaft werden sie bei Elektroautos dadurch zusätzlich gedrückt, dass der Umweltbonus dafür fließt, keine Kfz-Steuer zu bezahlen ist und Besitzer ihre THG-Quote verkaufen können.
Für den VW ID.3 ergeben sich so Gesamtkosten von 42.700 Euro über vier Jahre, die auch Wartung und Versicherung umfassen. Beim Golf, in der Anschaffung laut Konfigurator mit rund 10.000 Euro niedrigerem Basis-Preis, sollen es 55.000 Euro sein, also fast 30 Prozent mehr. 7178 Euro der Differenz macht laut ICCT der deutsche Umweltbonus aus, der derzeit aus 2250 Euro netto vom Hersteller plus 4500 Euro vom Staat besteht. Damit würde das Elektroauto insgesamt auch ohne diese direkte Förderung weniger kosten.
Das Gleiche gilt laut ICCT, wenn man zusätzlich die THG-Einnahmen von 1200 Euro für vier Jahre mit dem VW ID.3 herausrechnet. Selbst ohne die Befreiung von der Kfz-Steuer wäre das Elektroauto über den Zeitraum insgesamt noch etwas billiger als der Golf, wie eine Grafik (s. oben) erkennen lässt. In dieser Klasse würde sich die Anschaffung eines Elektroautos statt Verbrenners in Deutschland also schon ohne die drei staatlichen Instrumente lohnen.
Mini-Elektroautos brauchen Umweltbonus
Zwei Klassen darunter sieht es allerdings anders aus. Im A-Segment verglich ICCT den Verbrenner Toyota Aygo mit dem Elektroauto Dacia Spring Electric. Der Toyota soll über vier Jahre Gesamtkosten von 28.000 Euro verursachen, der Dacia von 26.900 Euro. Wie man an dem viel geringeren Abstand erkennen kann, bedeutet das, dass das Elektroauto in diesem Fall schon ohne die THG-Prämie die minimal teurere Wahl wäre. Ohne Umweltbonus gilt das somit erst recht, und im neuen Jahr 2024 soll er um insgesamt gut 2000 Euro sinken, also um mehr als die aktuelle Kosten-Differenz zwischen Aygo und Spring Electric.
Eine Schwäche der ICCT-Untersuchung ist, wie die Organisation selbst einräumt, dass sie nicht den Wiederverkaufswert der Fahrzeuge nach vier Jahren berücksichtigt, weil er kaum vorherzusagen sei. Unabhängig davon seien die monatlichen Kosten selbst für das Dacia-Elektroauto mit Förderung für einen großen Teil der deutschen Bevölkerung aktuell höher als das, was sie für Transport auszugeben bereit sind. Als Gegenmittel schlägt ICCT vor, den Umweltbonus in Zukunft abhängig vom Einkommen zu erhöhen oder zu streichen.