Derzeit herrscht mit Blick auf die Energie-Versorgung eher Angst vor rapide steigenden Preisen und Ausfällen im Winter, und Umwelt-Überlegungen scheinen kurzfristig in den Hintergrund zu treten. Für die etwas längere Sicht aber werden vermehrt die Weichen für eine erneuerbare und zugleich sichere Versorgung gestellt. Und laut einer neuen Studie eines Teams der Stanford University wäre ein 100-prozentiger Umstieg für die ganze Welt ohne neue Wunder-Technologien möglich und hätte sich nach sechs Jahren selbst bezahlt.
100 Prozent aus Wind-Wasser-Solar
Geleitet wurde die Energie-Untersuchung für 145 Länder, die zusammen 99,7 Prozent der heutigen CO-Emissionen ausmachen, von Mark Z. Jacobson, Engineering-Professor an der Stanford University. Ein Fachaufsatz dazu ist in der Zeitschrift Energy & Environmental Science erscheinen, eine frei zugängliche Zusammenfassung schrieb Jacobson für die Publikation The Hill.
Demnach würde es insgesamt die enorme Summe von 62 Billionen Dollar kosten, die Energie-Systeme weltweit komplett auf „Wind-Wasser-Solar“ umzustellen, verbunden mit Speicherung hauptsächlich in elektrischen Batterien. Selbst wenn deren Kosten um 50 Prozent höher sind als angenommen, würden sich die Gesamtkosten des Umbaus nur um 3,2 Prozent erhöhen. Und trotz der hohen Beträge würde er sich laut Jacobson schnell bezahlt machen: Allein in finanzieller Hinsicht wären die 62 Billionen Dollar nach weniger als sechs Jahren wieder hereingeholt, weil erneuerbare Energie pro Jahr 11 Billionen Dollar spare.
Diese Ersparnis besteht zum einen darin, dass schlicht weniger Energie benötigt wird – laut dem Aufsatz geht der weltweite Bedarf um 56 Prozent zurück, wenn erneuerbar erzeugt und sparsamer verbraucht wird. Eine wichtige Rolle dabei spielen Elektroautos, Wärmepumpen für Beheizung, effizient elektrifizierte Industrie und der wegfallende Bedarf für die Produktion fossiler Brennstoffe. Außerdem soll Energie pro Einheit durchschnittlich 12 Prozent billiger werden, sodass sich insgesamt um 63 Prozent reduzierte Kosten pro Jahr ergeben. Wenn man noch Gesundheits- und Klimavorteile einbeziehe, könne die Welt sogar jährlich 92 Prozent weniger Energie-Kosten haben.
Goldene Energie-Zeit nach akuter Krise?
In jedem der 145 untersuchten Länder sei der komplette Energie-Umstieg ohne Ausfälle und zu niedrigen Kosten mit fast ausschließlich bereits bestehenden Technologien möglich, fasst Jacobson zusammen. Dabei wurden nach seinen Angaben nur Lösungen einbezogen, die Luft-Verschmutzung, Klima-Erwärmung und Sicherheit der Versorgung gleichermaßen adressieren. Komplizierte Technologien wie Verbrennung mit CO2-Abscheidung, blauer Wasserstoff oder Atomkraft würden nicht gebraucht und hätten sich als weniger vorteilhaft erwiesen als erwartet. Langfristig scheinen der Welt also geradezu goldene Energie-Zeiten bevorzustehen – nachdem vor allem Europa die akute Krise gemeistert hat.