Irgendwann, nach den allerdings mehrfach verschobenen Ankündigungen von CEO Elon Musk sogar sehr bald, sollen die Elektroautos von Tesla in der Lage sein, vollkommen unbeaufsichtigt autonom zu fahren. In der Zwischenzeit gilt das dafür vorgesehene Autopilot-System nur als fortgeschrittener Fahr-Assistent, der dem Mensch am Steuer rechtlich keinerlei Verantwortung abnimmt. Trotzdem ist es schon zu mehreren Unfällen gekommen, weil Tesla-Fahrer das System überschätzten. Und wie eine aktuelle Untersuchung zeigt, neigen sie tatsächlich dazu, sich bei aktiviertem Autopilot zumindest weniger mit dem Verkehrsgeschehen zu beschäftigen.
Tesla-Fahrer im Kamera-Blick
Die Studie erscheint in der Oktober-Ausgabe der Fachzeitschrift Accident Analysis & Prevention, hat also wissenschaftlichen Charakter. Vier Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) nutzten dafür eine Stichprobe aus einer Langzeit-Untersuchung der Universität, in deren Rahmen unter anderem 23 Tesla Model S und Model X Daten einschließlich Video-Aufnahmen des Inneren liefern. Sie analysierten 290 Zeitabschnitte, innerhalb derer die Person am Steuer eines dieser Elektroautos erst mit Autopilot auf einer Autobahn unterwegs war und das System dann ohne Not-Situation deaktivierte. Anhand der Innen-Videos ließ sich feststellen, wohin in dieser Zeit der Fahrer-Blick gerichtet war.
Und das Ergebnis klingt deutlich: „Alle Blicke abseits der Straße waren vor der Autopilot-Deaktivierung tendenziell länger“, heißt es im Fazit der Studie. Insbesondere neigten die beobachteten Tesla-Fahrer bei aktiviertem System dazu, häufiger und länger nach unten oder in die Mitte ihres Cockpits zu blicken. Im ersten Fall ist laut den MIT-Forschern Smartphone-Nutzung zu vermuten, im zweiten eine Beschäftigung mit dem Infotainment-Touchscreen (Model S und Model X haben anders als Model 3 und Model Y einen zweiten Bildschirm für Angaben wie die aktuelle Geschwindigkeit hinter dem Lenkrad ).
Insgesamt wird die Zunahme der Zeit, in der Personen am Tesla-Steuer mit Autopilot nicht auf die Straße blicken, als „bescheiden“ bezeichnet. Allerdings gab es eine merkliche Zunahme der Fälle, in denen jemand mindestens zwei Sekunden lang die Straße nicht im Auge behielt – von 4 Prozent auf 18 Prozent. Dieser Wert ist laut den Forschern deutlich höher als in früheren Studien mit älteren Assistenz-Systemen.
Keine Aussage über Autopilot-Risiko
Sie ziehen daraus jedoch nicht den Schluss, dass das Tesla-System ein Sicherheitsrisiko darstelle. Das bezeichnen die Autoren als möglich, halten aber fest, dass diese Frage erst noch erforscht werden müsse. Von Tesla selbst veröffentlichte Zahlen für die USA sprechen jedenfalls tendenziell dagegen: Nach dem neuesten Sicherheitsbericht des Unternehmens gab es im ersten Quartal dieses Jahres nur alle 4,19 Millionen Meilen einen Tesla-Unfall bei aktiviertem Autopilot-System. Wenn es abgeschaltet war, kam es dagegen alle 2,05 Millionen Meilen zu einem Crash. Ein Teil dieser Differenz ist möglicherweise allerdings dadurch zu erklären, dass der Autopilot nicht auf allen Straßen verwendet werden darf und kann.