Noch am vergangenen Sonntag hatte Tesla eine Neuigkeit zu bieten, die überwiegend positiv aufgefasst wurde: Der humanoide Roboter Optimus kann sich mittlerweile konkret nützlich machen, wie sein eigener Account auf X mitteilte und ein Mitglied des zuständigen Teams näher erläuterte. In einem Video dazu ist zu sehen, wie der Roboter Batterien von einem Band in eine Kiste stellt. Vielleicht deshalb verzeichnete die Tesla-Aktie am vergangenen Montag ein kleines Plus. Den Rest der Woche ging es mit ihr allerdings, begleitet von weniger erfreulichen Nachrichten, wie im Großteil dieses Jahres nach unten.
Musk: Proteste „super-merkwürdig“
So hatten Gegner der Gigafactory im deutschen Grünheide für die zurückliegende Woche Aktionstage vor Ort angekündigt, die am Mittwoch tatsächlich begannen. Das Handelsblatt meldete dazu zunächst, Tesla werde seine deutsche Fabrik deshalb vier Tage lang schließen, was sich jedoch als stark übertrieben erwies: Die Produktion sollte am Freitag nach dem Himmelfahrt-Feiertag und am Wochenende darauf ohnehin ruhen, erklärte ein Sprecher des Unternehmens. Lediglich für Büro-Beschäftigte sei für den Freitag Arbeiten im Home-Office verfügt worden.
Dennoch wurden die angekündigten Proteste ernst genommen. Laut Berichten hatte die Polizei unter anderem Wasserwerfer und einen Räumpanzer zu Tesla geschickt. Die wurden zunächst nicht gebraucht, aber am Freitag gab es an mehreren Stellen Versuche, Zäune zum Werksgelände zu überwinden. Erste Polizei-Linien wurden nach Angaben eines Aktivisten-Accounts auf X durchbrochen, doch Tesla-CEO Elon Musk persönlich erklärte, die Gigafactory werde immer noch von zwei intakten Umzäunungen geschützt. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Schlagstöcke und Pfefferspray ein und meldete mehrere Verletzte in den eigenen Reihen sowie Festnahmen.
Oh @elonmusk, something super weird is going on, as Tesla is polluting the water in Grünheide – and the people rise up against it. #DisruptTesla #stoptesla https://t.co/c7TOjQX0ys
— Disrupt (@disrupt__now) May 10, 2024
Am Freitagnachmittag zogen sich die Tesla-Protestler zunächst wieder in ihr Camp nahe der Fabrik zurück. Laut einem Video von @disrupt_now waren insgesamt Tausende von ihnen in Grünheide. Bis gegen Samstagmittag wurden keine weiteren Versuche bekannt, auf das Gigafactory-Gelände vorzudringen, doch die Polizei rechnete damit, dass sich das noch ändern würde. Auf X kam es zu einem indirekten Austausch zwischen Gegnern und CEO Musk: Der Tesla-Chef bezeichnete als „super-merkwürdig“, dass in der Aktionswoche nicht auch gegen andere Auto-Hersteller protestiert werde. Dazu schrieb der Aktivisten-Account, Tesla verschmutze das Wasser in Grünheide und die Bevölkerung wehre sich dagegen.
Tesla-Verkäufe im April gesunken
Ebenfalls aus Deutschland kam schon am Montag die Meldung, dass die Zahl der Elektroauto-Neuzulassungen in einem sonst stark gewachsenen Markt in diesem April leicht unter dem Niveau des Vorjahres lag. Insgesamt 29.668 rein elektrische Pkw bedeuteten laut dem Kraftfahrt-Bundesamt einen Marktanteil von 12,2 Prozent. Bei Tesla gingen die deutschen Neuzulassungen sogar weit überdurchschnittlich zurück: nur im April um 32,4 Prozent auf 1637 Stück, in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 36,3 Prozent auf 14.705.
Ähnlich schwach fielen die neuesten Verkaufszahlen aus China aus. In dem Land selbst setzte Tesla laut CnEVPost im April 2024 nur 31.421 Elektroautos ab, etwa halb so viele wie vor einem Jahr. Zusammen mit exportierten Model 3 und Model Y wurden in dem Monat 62.167 Fahrzeuge aus der chinesischen Gigafactory verkauft, deutlich weniger als in diesem März oder im April 2023. Passend dazu berichtete am Donnerstag Bloomberg, Tesla setze seine Entlassungen in China verstärkt fort. Mitte April hatte CEO Musk intern die Streichung von mehr als 10 Prozent aller Stellen weltweit angekündigt und dem Taten folgen lassen. In China soll die neue Welle vor allem Service-Personal, Techniker sowie Produktions- und Logistik-Beschäftigte treffen.
Tesla-Chef mit Strategie-Andeutungen
Nachdem die weltweiten Tesla-Verkäufe im ersten Quartal 2024 bereits unter dem Niveau von 2023 gelegen hatten, sprechen die bislang bekannten April-Daten dafür, dass auch das zweite Quartal einen Rückgang bringen könnte. Musk hatte dazu in der Telefon-Konferenz zu den Q1-Zahlen Ende des Monats gesagt, das neu begonnene Vierteljahr werde für Tesla viel besser verlaufen als das erste, und für das gesamte Jahr rechne er mit höheren Verkaufszahlen als in 2023.
Auf der anderen Seite gab der Tesla-Chef in dieser Woche zu erkennen, dass er tatsächlich verstärkt auf KI-Software und Roboter setzt, wie nach der vorübergehenden Absage für das zuvor angekündigte Elektroauto für 25.000 Dollar Anfang April spekuliert wurde. Denn zum einen vergab er ein Like für einen Beitrag auf X, dessen Autor von einer strategischen Tesla-Wende weg vom Verkauf von Elektroautos hin zum Verkauf von Fahrten schrieb. Zum anderen kommentierte Musk einen Rückblick auf Kritik an Netflix wegen der Entscheidung, voll auf Streaming statt auf DVDs zu setzen: Diese Logik solle man auch auf Tesla anwenden, empfahl er.
Now, apply this logic to Tesla
— Elon Musk (@elonmusk) May 11, 2024
Auf jeden Fall fällt auf, dass Musk sich auf X seit einigen Wochen wieder verstärkt mit Tesla beschäftigt. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass bei der Hauptversammlung im Juni die Neuabstimmung über sein Milliarden-Vergütungspaket als Tesla-Chef ansteht, das ein Gericht im Januar für ungültig erklärt hatte. Eine weitere Nachricht von dieser Woche dürfte die Chance für eine Bestätigung allerdings verringert haben: Laut der Agentur Reuters prüft das US-Justizministerium, ob Tesla sich bei der Vermarktung des Autopilot-Systems und der Autonomie-Option FSD des Betrugs schuldig gemacht hat, unter anderem mit Aussagen von Musk. Dass es offizielle Anfragen dazu gibt, hatte Tesla bereits offengelegt, doch bislang war nicht klar, wie der konkrete Verdacht lautet.
Neue Kunden für Tesla Semi
Außer mit dem Optimus-Video konnte Tesla in der zurückliegenden Woche mit einem Projekt punkten, das anders als der Roboter schon seit vielen Jahren verfolgt wird. Ende 2022 hatte das Unternehmen die ersten Exemplare seines 2017 vorgestellten Sattelschleppers Semi an den PepsiCo-Konzern übergeben. Seitdem schien ausschließlich dieser frühe Besteller einige Dutzend der Tesla-Lastwagen bekommen zu haben, doch zuletzt wurden es mehr: Mitte April wurde laut dem Blog Electrek ein Pilot-Programm mit einem neuen Kunden bekannt und Ende des Monats ein weiteres. In dieser Woche wurden zudem Tesla Semi mit Aufliegern der Einzelhandelsketten Walmart und Costco gesehen.