Bild: Tesla
Nach der Vorstellung des überarbeiteten Tesla Model Y Anfang Januar in Asien hat die Produktion im größeren Stil begonnen, wie Sichtungen von Lastwagen mit dem Elektroauto in China zeigen. Richtig loslegen wird es wohl Ende des Monats, denn dann soll die lokale Tesla-Fabrik für Umstellungen pausieren – und die deutsche könnte folgen. Das Model 3 schnitt unterdessen in einem winterlichen Reichweiten-Test am besten ab. Ein neues Patent könnte Tesla zudem Vorteile bei der Produktion von preisgünstigen LFP-Batterien verschaffen. CEO Elon Musk machte weiter politisch von sich reden. In den USA wird er als Aufkäufer von Intel und TikTok gehandelt, deutsche Unternehmen erklärten einen Tesla-Boykott.
Europa erwartet neues Tesla Model Y
Nach Angaben einer Sprecherin hat Tesla in Deutschland am Dienstag begonnen, die ersten neuen Model Y zu produzieren. Um den offiziellen Start handele es sich dabei aber noch nicht, und weitere Angaben dazu machte sie nicht. In China und anderen asiatischen Ländern dagegen kann man den vor allem optisch überarbeiteten Tesla-Bestseller schon in einer speziellen Launch Edition bestellen. Die Auslieferungen sollen nach Angaben auf den lokalen Websites Anfang März beginnen.
Vorher will Tesla in seiner chinesischen Fabrik allerdings ab Ende Januar drei Wochen lang teilweise pausieren, wie am Mittwoch die Agentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtete. Die Zeit solle genutzt werden, um die Anlagen für das neue Model Y zu optimieren. Eine Woche lang soll jedoch auch der Bereich für das Model 3 ruhen. Aus Deutschland wurden bislang keine konkreten Umbau-Pläne bekannt. Der für Taiwan angegebene Liefertermin spricht dafür, dass das neue Model Y in Europa noch auf sich warten lassen könnte: Hier nennt Tesla 5-6 Monate, und das Land wird mit Elektroautos aus der deutschen Gigafactory beliefert.
Model 3 mit höchster Winter-Reichweite
Bereits im Herbst 2023 sowie in Asien und Europa gleichzeitig hatte Tesla das Model 3 als Highland-Überarbeitung auf den Markt gebracht. Seit vergangenem Oktober ist es auch wieder in der Ausführung mit großem Akku und Heckantrieb (LR RWD – s. Foto oben) erhältlich und war jetzt Teil eines Winter-Tests, den norwegische Organisationen regelmäßig mit verschiedenen Elektroautos vornehmen: Sie werden gefahren, bis sie mit leerer Batterie liegenbleiben. Die Bewertung basiert dann auf der insgesamt geschafften Reichweite, aber auch darauf, wie stark diese von der offiziellen Angabe nach WLTP abweicht.
Nach dieser Norm schafft das Tesla Model 3 LR RWD auf 18-Zoll-Felgen den hohen Wert von 702 Kilometern. Tatsächlich kam es in dem neuen Norwegen-Test so weit wie fast kein anderes Elektroauto, wie motor.no berichtet Schluss war erst nach 531 Kilometern. Damit ließ der Tesla viel teurere Modelle wie den Porsche Taycan oder den Audi Q6 e-tron hinter sich. Ebenso weit wie das Model 3 (dessen Zähler sogar 548 km anzeigte) fuhr allerdings der Polestar 3. Damit lag er zudem nah an seinem WLTP-Wert von 560 Kilometern, während das Model 3 mit 24 Prozent mit die höchste Abweichung hatte.
Tesla-Patent für billigere Batterien
Bei Tesla haben sowohl das Model 3 als auch das neue Model Y in den Versionen mit der höchsten Reichweite Batterien auf Grundlage der leistungsfähigen NMC-Chemie. Die wird jedoch zunehmend von LFP-Batterien abgelöst, die weniger Energie-Dichte bieten, aber auch billiger und robuster sind. Unter westlichen Herstellern war Tesla hier der Pionier und verwendet seit Ende 2000 LFP-Akkus für das kleinste Model 3, in Europa wohl bald mit verbesserten Zellen für etwas mehr Kapazität im gleichen Paket-Format, die auch für die Basis-Version des neuen Model Y vorgesehen sind.
Die mit Abstand wichtigsten Produzenten von LFP-Batterien weltweit sind CATL und BYD aus China. Auch Tesla kauft bei ihnen ein, betreibt allerdings auch ein eigenes Programm für Rundzellen im vergrößerten 4680-Format. Bislang werden sie nur für den Cybertruck genutzt und basieren auf der teureren NMC-Chemie. Mitte 2021 sagte Tesla-CEO Elon Musk, dass das eigene Format für LFP nicht unbedingt geeignet sei, weshalb dafür wohl ein anderes verwendet werde. Auf längere Sicht sollte laut Musk bei Tesla für Elektroautos und stationäre Akkus zu zwei Dritteln LFP zum Einsatz kommen.
The patent describes a more scalable, lower capital investment, and lower process cost means of making LFP than traditional precursor CSTR followed by RHKs. Also flexible to a variety of Fe and Phosphate inputs. Would be prudent for the new LFP supply chains developing in the US…
— Drew Baglino (@baglino) January 16, 2025
Von eigenen LFP-Aktivitäten bei Tesla war seitdem nicht viel zu hören, doch das hat sich jetzt geändert. Auf X kommentierte der im Frühjahr 2024 zurückgetretene Technik-Vorstand Drew Baglino einen neu veröffentlichten Tesla-Patentantrag zu dieser Technologie. Der darin beschriebene Prozess ermögliche eine billigere Herstellung, erklärte er. Dies biete Chancen für die USA und Europa: Voll skaliert seien mit dem als Patent beantragten Verfahren LFP-Batterien möglich, die weniger kosten als solche aus China.
Tesla-Boykott wegen Elon Musk
Die unscheinbare Veröffentlichung könnte also weit reichende Bedeutung für das Aufholen des Westens bei den Bausteinen für Transport und Energie-Versorgung der Zukunft haben – bislang ist China bei Batterie-Produktion ebenso wie der Lieferkette weltweit mit Abstand führend. Dass darauf statt Elon Musk ein ausgeschiedener Tesla-Manager hinwies, ist fast keine Überraschung mehr, denn der CEO scheint spätestens seit dem Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl im November 2024 überwiegend mit Politik beschäftigt.
So war es auch in der zurückliegenden Woche – wenn man davon absieht, dass Musk einen teils gelungenen Raketen-Test bei SpaceX feierte und sich gegen Vorwürfe verteidigte, er sei als Gamer gar nicht so gut wie von ihm selbst behauptet. In Deutschland wirkte noch das Gespräch nach, das er in der Vorwoche mit der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel geführt hatte. Hauptsächlich riet der Tesla-Chef darin dringend zur Wahl ihrer Partei. Konkret stimmte er zu, dass für die Versorgung in nördlich gelegenen Regionen ein gewisser Anteil fossiler Energie erforderlich sei.
Politiker der etablierten Parteien reagierten im Vorfeld und direkt im Anschluss an die AfD-Wahlwerbung aus den USA empört, und am Dienstag erklärte aus der deutschen Wirtschaft zunächst der Energie-Versorger Lichtblick, in Zukunft keine Elektroautos von Musks Unternehmen mehr einzusetzen. Dazu hatte sich wegen seiner frühen Trump-Unterstützung schon im August 2024 die Drogerie-Kette Rossmann entschieden, und mit badenova verkündete am Donnerstag ein weiterer Energie-Versorger einen Tesla-Boykott wegen Musk.
Musk als Retter für Tiktok und Intel?
Wohl auch wegen der neuen politischen Ausrichtung des CEO waren die Tesla-Verkäufe in Deutschland 2024 um 41 Prozent eingebrochen. In den USA steht am Montag die Amtseinführung von Trump an, und unter dem neuen Präsidenten dürfte es dort für Elektroautos von Tesla ebenfalls schwieriger werden. Denn der Musk-Verbündete will offenbar Steuer-Gutschriften für Käufer ebenso streichen wie strengere CO2-Vorschriften. Auf der anderen Seite könnte Tesla stark von offenerer Regulierung für autonomes Fahren profitieren, in dem laut dem CEO viel mehr Potenzial für das Unternehmen liegt.
Die Trump-Nähe könnte allerdings dazu führen, dass Musk noch weniger Zeit für Tesla aufbringt als zuletzt. Vor der Amtseinführung gab es Gerüchte, er könne sowohl die US-Sparte des chinesischen Sozialmedium Tiktok als auch den strauchelnden Chip-Hersteller Intel kaufen. Bei Tiktok soll Musk eine Schließung in den USA verhindern, bei Intel einen Zusammenschluss mit anderen US-Unternehmen orchestrieren und möglicherweise finanzieren, hieß es am Freitag.
From MAGA to MEGA:
Make Europe Great Again!
— Elon Musk (@elonmusk) January 18, 2025
Aktionäre werden hoffen, dass Musk dafür nicht wie zuvor für seinen Twitter-Kauf massenhaft Tesla-Anteile verkauft. Seine politische Mission auch außerhalb der USA scheint trotz aller Kritik daran jedenfalls noch nicht beendet. „From MAGA to MEGA: Make Europe Great Again!“, schrieb er am deutschen Samstagmorgen, will den von Trump erfundenen Schlachtruf also offenbar wie zuvor nur Elektroautos und stationäre Akkus auf den alten Kontinent exportieren.
Tesla-Jahr 2024: Wenig Elektroauto-Wachstum, Autonomie-Hoffnung treibt Aktie auf Rekord