Bei seinen Treffen mit vielen hochrangigen Politikern auf Bundes- und Landesebene während seiner Deutschland-Besuche im vergangenen Jahr dürfte Tesla-CEO Elon Musk das Thema schon angesprochen haben, jetzt aber geht das Unternehmen damit an die Öffentlichkeit: Die im Bau befindliche Gigafactory in Grünheide bei Berlin wurde weithin begrüßt, doch das deutsche Genehmigungsrecht legt dem Projekt nach Einschätzung von Tesla unangemessen große Steine in den Weg. Diese Einschätzung und Vorschläge für Verbesserungen sind in einem Schreiben enthalten, mit dem sich Tesla in einem Gerichtsverfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zu Wort meldete.
„Mehr CO2 durch Gigafactory-Verzögerung“
Der zehnseitige Brief von Tesla Manufacturing Brandenburg SE an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, datiert vom 7. April, liegt teslamag.de vor. Er wird als „Amicus Curiae“ bezeichnet, also eine im deutschen Rechtsraum eher unübliche Stellungnahme eines in einem Verfahren nicht direkt beteiligten, aber fachkundigen Dritten. Den eigentlichen Prozess führt die DUH gegen die Bundesrepublik Deutschland. Sie will damit erzwingen, dass die Regierung ein konkretes Klimaschutz-Programm definiert, mit dem ihre eigenen Ziele für 2030 erreicht werden können.
Nach der Tesla-Darstellung müssen die deutschen Treibhausgas-Emissionen bis dahin um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 sinken, und daraus folge „notwendigerweise, dass Deutschland sich modernisieren muss“. Die eigenen Erfahrungen mit dem Genehmigungsverfahren für Giga Berlin seien für die DUH-Klage relevant. Eine Verzögerung der nach wie vor ausstehenden Endgenehmigung für die deutsche Elektroauto-Fabrik bedeute pro Monat mehr als 1 Million Tonnen mehr CO2-Ausstoß, schreibt Tesla. 16 Monate nach der Beantragung liege noch nicht einmal ein Zeitplan für die Genehmigung vor, was „irritierend“ sei.
Der Genehmigungsprozess für die deutsche Gigafactory werde oft „als schnell angesehen“, kritisiert Tesla weiter – der Hauptgrund dafür sei aber die eigene „beispiellose Bereitschaft, insbesondere finanzielle Risiken einzugehen“. Alle Arbeiten auf dem Tesla-Grundstück im brandenburgischen Grünheide wurden bislang mit Vorab-Erlaubnissen des Landes zugelassen, wie sie nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz möglich sind, wenn gute Aussichten auf die Gesamt-Genehmigung bestehen. Allerdings baut Tesla bis dahin auf eigenes Risiko und müsste bei einem Scheitern des Projekts den vorherigen Zustand wieder herstellen.
Tesla will Schnellverfahren für Projekte
Laut Tesla ist das aber keine Option für weniger risikofreudige oder -bereite Unternehmen und für staatliche schon gar nicht. Deshalb enthält der Brief zehn Vorschläge für „Verbesserungen der rechtlichen Verfahren“. Unter anderem will Tesla, dass bei Genehmigungen zwischen klimafreundlichen und -schädlichen Projekten (wie Kohlekraftwerken) unterschieden wird: Was Emissionen zu senken verspricht, soll zukünftig in einem „fast track“-Verfahren bearbeitet werden – sozusagen eine Überholspur für Genehmigungen. Dabei sollen nicht nur lokale Faktoren beachtet werden, sondern auch indirekte Auswirkungen im Bereich Klimawandel und nachhaltiger Energie. Denn ansonsten könnten „relativ geringfügige“ negative Projekt-Folgen vor Ort zu viel Bedeutung bekommen und Investitionen mit „insgesamt massiv positiven Auswirkungen“ verhindern.
Weiter wünscht sich Tesla bei Großanträgen eine amtliche Projektleitung, die allen beteiligten Behörden verbindliche Termine für ihre Einschätzungen vorgeben kann und selbst entscheidungsbefugt ist. Die Bearbeitung soll außerdem mit einem auf Bundesebene vorgehaltenen Pool von Fachleuten beschleunigt werden. Außerdem will Tesla die Möglichkeit, kleinere Änderungen und insbesondere Verbesserungen bei Umwelt-Aspekten vorzunehmen, ohne dass es eine erneute Komplettprüfung gibt.
Brandenburgs Wirtschaftsminister hatte in diesem Januar Ende März als erwarteten Termin für die endgültige Gigafactory-Genehmigung genannt, doch der ist ohne Ergebnis verstrichen. Der für das Verfahren zuständige Umweltminister des Landes erklärte Mitte März, man lasse sich nicht unter Zeitdruck setzen. Tesla „hofft“, die deutsche Fabrik in diesem Juli in Betrieb nehmen zu können, wiederholte das Unternehmen in seiner DUH-Schützenhilfe den bislang genannten offiziellen Termin.
Große Tesla-Pläne für Standort Grünheide
Änderungen an deutschen Gesetzen und Vorschriften dürften sich bis dahin kaum erreichen lassen. Insofern kann das Schreiben an das Gericht, das rasch öffentlich wurde, entweder als Vorbereitung darauf verstanden werden, dass Tesla den Zeitplan nicht halten kann. Alternativ oder zusätzlich dazu könnte das Unternehmen versuchen, sich bessere Bedingungen für die nächsten Phasen der deutschen Gigafactory zu verschaffen. Auf dem Gelände in Grünheide soll zusätzlich eine Batterie-Fabrik entstehen, und auch weitere Produktionsgebäude für Elektroautos waren auf frühen Tesla-Plänen schon zu sehen.