Seit Montag dieser Woche hat Tesla die vorzeitige Genehmigung, die bereits gerodete Fläche für seine Gigafactory in Grünheide zu planieren. Auf Fotos in Medienberichten und sozialen Medien war zu sehen, dass das Gelände von Wurzeln befreit und die Planierung begonnen wurde.
Ground leveling at #GigaBerlinhttps://t.co/uXOm76Z1cn
— Tobias Lindh (@tobilindh) March 13, 2020
„Vorzeitig” nennt das brandenburgische Landesamt für Umwelt (LfU) diese Bauvorbereitungen, genau wie zuvor die Rodung des Waldstücks, auf dem nun gearbeitet wird. Der Grund: Das Genehmigungsverfahren für die Tesla-Fabrik ist noch lange nicht abgeschlossen. So haben Bürger und Verbände insgesamt 361 Einwendungen bis zum Eingabeschluss am 5. März um 23:59 Uhr beim Brandenburger Landesamt für Umwelt (LfU) hinterlegt. Die Pressestelle des Landesumweltministeriums erklärte auf Anfrage von teslamag.de, welche Auswirkungen diese Einwendungen haben können und wie das Genehmigungsverfahren weitergeht.
Erörterung wegen Virus verschoben
Demnach war die zunächst für den 18. März angesetzte öffentliche Erörterung der Einwendungen in der Stadthalle Erkner dazu gedacht, dass „diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, diese mündlich erläutern und Fragen an Behörden und Antragsteller dazu stellen können”, schreibt die Pressestelle. Behörden und Antragsteller würden die Fragen dann so weit wie möglich beantworten. Auf telefonische Nachfrage von teslamag.de erklärte die Pressestelle, bei der Erörterung würden nur jene Einwender zu Wort kommen, die ihre Stellungnahmen fristgerecht beim LfU eingereicht haben, und auch nur zu den Einwendungen, die sie selbst schriftlich verfasst haben. Der Termin wurde am Freitag wegen des Coronavirus vorerst abgesagt, was aber keine Folgen für das laufende Verfahren haben soll.
Das gesamte Genehmigungsverfahren richtet sich laut den FAQ des Landes Brandenburg zur Tesla-Ansiedlung nach den § 4, 6, 10 und 13 des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Das LfU ist Genehmigungsbehörde für das Gesamtprojekt. Jedoch werden alle Anforderungen (Immissionsschutz, Naturschutz, Gewässerschutz im Trinkwasserschutzgebiet, Baurecht, Waldrecht) durch die zuständigen Fachbehörden geprüft und dann in einer Genehmigungsurkunde zusammengefasst. Ausgenommen ist die wasserrechtliche Erlaubnis für die Versickerung von Niederschlagswasser, die von der unteren Wasserbehörde des Landkreises Oder-Spree erteilt werden muss.
1500 Seiten Tesla-Anträge
Grundlage des Verfahrens sind zum einen die Antragsunterlagen von Tesla. Diese umfassen laut der FAQ-Seite rund 1500 Seiten in fünf Ordnern. Teil der Unterlagen ist der Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Bericht), den die Beratungsfirma GfBU-Consult Mitte Dezember im Auftrag von Tesla beim LfU eingereicht hat. Der Bericht kann online eingesehen werden.
Welche Bedeutung aber hat die jetzt verschobene Erörterung? Es würden bei dem Termin keine Entscheidungen über die Einwendungen getroffen, schreibt das Ministerium dazu, sie würden lediglich „im Nachgang vom LfU bearbeitet“. Das könne zusätzliche Prüfungen oder Gutachten bedeuten, die das Genehmigungsverfahren in die Länge ziehen könnten – wie lang, hänge von der Art der Prüfung ab. Die Entscheidung, ob und welche Einwendungen solche Schritte erfordern, obliege dem LfU. Die Behörde ist aber dazu verpflichtet, in der Begründung des Genehmigungs- oder Ablehnungsbescheides darzulegen, wie sie mit den Einwendungen umgegangen ist.
Gigafactory-Gegner können klagen
Gegner von Teslas Giga Berlin haben allerdings auch dann noch Möglichkeiten, das Verfahren zu verzögern oder die Entscheidung des LfU unwirksam zu machen: Grundsätzlich kann gegen jede Genehmigung Widerspruch beim LfU erhoben werden. Sollte sich der Widerspruch nicht ausräumen lassen, kann Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) erhoben werden, so das Umweltministerium. Ob mögliche Klagen eine aufschiebende Wirkung haben, könne ebenfalls zunächst das LfU entscheiden – was aber gerichtlich überprüft werden kann.
All diese Schritte, die öffentliche Erörterung, die Bearbeitung der Einwendungen, zusätzliche Prüfungen und Gutachten sowie eventuelle Widersprüche und Klagen können die endgültige Genehmigung für die Tesla-Fabrik in Grünheide also weiter verzögern. Auf telefonische Nachfrage erklärte die Pressestelle, Tesla könne in dieser Zeit aber weitere Anträge auf vorläufige Genehmigungen stellen, um „kleinere Bauvorhaben” zu realisieren. Solche Genehmigungen würden nur erteilt, wenn man für das Bauvorhaben insgesamt gute Chancen sehe. Im Lichte der beiden bereits erteilten Genehmigungen kann man aber davon ausgehen, dass die Behörde dem Vorhaben optimistisch gegenüber steht.
Volles Risiko liegt bei Tesla
Tesla als Investor trägt dennoch das Risiko für alle Arbeiten, die schon ausgeführt sind oder vor Ende des Genehmigungsverfahren noch ausführt werden. Sollte die Genehmigung nicht erteilt werden, muss Tesla das Gelände in den „Originalzustand” zurückversetzen — inklusive Aufforstung, wie die Pressestelle des Ministeriums bestätigte.
Tesla drückt in Grünheide trotzdem auf das Tempo, nachdem sich bereits die Rodung des ersten Waldabschnitts Mitte Februar durch Eilanträge von Umweltverbänden verzögert hatte. Das ist offenbar nötig, wenn das US-Unternehmen seinen Plan realisieren will, ab Juli 2021 die ersten Elektrofahrzeuge in Grünheide vom Band laufen zu lassen. Es wird spannend sein, zu sehen, wie weit der Bau der deutschen Gigafactory mit vorzeitigen und kleineren Arbeiten voranschreitet, bis das Projekt endgültig genehmigt wird.