Im August 2021 veröffentlichte Tesla einen umfangreichen „Impact Report“ mit Angaben über die eigenen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft, und erstmals in schriftlicher Form war darin ein ehrgeiziges Ziel enthalten: Im Jahr 2030 wolle man eine Verkaufszahl von jährlich 20 Millionen Elektroautos erreicht haben. In den zwei Jahren darauf wurde das fast wortgleich wiederholt, obwohl Anleger zunehmend an der Erreichbarkeit zweifelten. Jetzt aber scheint sich Tesla offiziell davon verabschiedet zu haben: Im Impact-Bericht für das Jahr 2023, veröffentlicht an diesem Donnerstag, ist das 20-Millionen-Ziel nicht mehr zu finden.
Börse glaubte nicht mehr an Tesla-Ziel
Den ersten Hinweis auf derart ehrgeizige Tesla-Pläne hatte CEO Elon Musk sogar schon nach dem Batterie-Tag im September 2020 gegeben: Mit Sicherheit würden in sieben Jahren weltweit insgesamt mehr als 30 Millionen Elektroautos pro Jahr verkauft werden, schrieb er anschließend auf Twitter, und Tesla selbst werde wahrscheinlich vor 2030 auf die Zahl von 20 Millionen kommen. Im offiziellen Impact Report für 2020 wurde Tesla also auf gewisse Weise schon vorsichtiger, aber auch 20 Millionen verkaufte Elektroautos in 2030 hätten exponentielles Wachstum über mehrere Jahre erfordert.
Passend dazu nannte Tesla in seinem Finanzbericht für 2020 keine konkrete Prognose für seine Elektroauto-Auslieferungen im Jahr darauf, führte aber als längerfristiges Ziel eine Steigerung um jährlich im Durchschnitt 50 Prozent ein. In 2021 wurde der angestrebte Mittelwert weit übertroffen, im Jahr darauf mit rund 40 Prozent unterschritten, was aber immer noch ausreichte, um auf dem langfristigen Wachstumspfad zu bleiben. Im Jahr 2023 betrug das Verkaufsplus rund 38 Prozent, und im Q3-Bericht wiederholte Tesla das langfristige 50-Prozent-Ziel. Auf Nachfrage in der Telefon-Konferenz sagte CEO Musk allerdings, offensichtlich könne diese Rate nicht unbegrenzt lang gehalten werden.
Börsen-Beobachter verstanden das als Signal dafür, dass Tesla auch nicht mehr die zuvor angekündigten 20 Millionen Elektroauto-Verkäufe im Jahr 2030 erreichen kann – sie hätten das Unternehmen zum mit Abstand größten Hersteller von Pkw aller Antriebsarten weltweit gemacht. Eine offizielle Bestätigung für den Abschied von dem großen Ziel gab es jedoch nicht, und auch die Musk-Aussage nach Q3 2023 ließ noch Raum für Interpretationen. Die Streichung aus dem neuen Impact Report nach der Erwähnung in den drei Vorjahren dürfte jedoch bedeuten, dass es keine Rolle mehr spielt.
Musk bei Elektroauto-Fragen ausweichend
An der Börse blieb die Veröffentlichung des Berichts nicht ohne Wirkung, obwohl selbst optimistische Analysten das Ziel schon zuvor für nicht erreichbar oder erledigt erklärt hatten – die Tesla-Aktie verlor am Donnerstag rund 3,5 Prozent auf 173,74 Dollar. Dazu könnte zusätzlich beigetragen haben, dass CEO Musk bei einer Konferenz in Paris nach weiteren Elektroauto-Plänen gefragt wurde, laut Bloomberg aber nur ausweichende Antworten gab oder diese ganz verweigerte. Im ersten Quartal dieses Jahres waren die Elektroauto-Verkäufe bei Tesla erstmals seit langem niedriger als vor einem Jahr, mit Wachstum in ganz 2024 wird an der Börse kaum noch gerechnet.
Eine wichtige Rolle für die Zukunftserwartungen spielte bis vor kurzem ein erstmals beim Batterie-Tag im September 2020 angekündigtes Elektroauto für 25.000 Dollar, von dem Musk in diesem Januar sagte, der völlig neu entwickelte Tesla solle Ende 2025 in Produktion gehen. Einen Reuters-Bericht von April, laut dem dieses Projekt gestoppt ist und der zukünftige Fokus ganz auf autonomem Fahren liegt, bezeichnete der CEO als gelogen. Angaben im Bericht für Q1 2024 klingen jedoch eher nach einer Bestätigung dafür, denn darin kündigte Tesla an, vor dem zweiten Halbjahr 2025 neue Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, die auf den bestehenden Produktionslinien hergestellt werden können.