In San Francisco hat am Dienstag ein Prozess gegen Tesla-CEO Elon Musk begonnen, in dem es um die Frage geht, ob er Aktionären im August 2018 finanziellen Schaden zufügte, indem er auf Twitter erklärte, das Unternehmen von der Börse nehmen zu wollen und die Finanzierung dafür schon gesichert zu haben. Dass Musk sich damals irreführend äußerte, hat der Richter nach Darstellung der Kläger schon entschieden – die am Dienstag zusammengestellte Jury solle nur noch darüber befinden, ob er das mit Absicht tat und die klagenden Tesla-Aktionäre für Verluste entschädigen muss. Aktualisierung: Tatsächlich verteidigte Musks Anwalt am Mittwoch nicht die Darstellung, dass die Finanzierung wirklich gesichert war (s. unten).
Jury für Prozess gegen Musk steht
Vor der Jury-Auswahl in San Francisco hatten Musk-Anwälte versucht, den Prozess nach Texas verlegen zu lassen, weil der Tesla-Chef in der früheren Heimat des Unternehmens mit voreingenommenen Jury-Mitgliedern rechnen müsse. Dieses Ansinnen lehnte der Richter ab und befragte am Dienstag Kandidaten, die zuvor Fragebögen zu ihrer Haltung gegenüber Musk ausgefüllt hatten. Wer ihn als „verrückt“, „arrogant“ oder auch „intelligent und erfolgreich“ bezeichnete, kam laut einem Reuters-Bericht nicht in die Jury.
Neun hinreichend unabhängig erscheinende Mitglieder wurden dennoch gefunden, berichtet Reuters, sodass der Prozess seinen Lauf nehmen kann. Mit einer Aussage von Musk persönlich wird ebenfalls gerechnet, möglicherweise schon an diesem Mittwoch, aber wohl eher erst am Freitag. Die Tesla-Aktionäre fordern von ihm eine Entschädigung für Verluste in Milliarden-Höhe, die sie nach eigenen Angaben durch die Reaktion der Börse auf die Ankündigung und deren Rücknahme rund zwei Wochen später erlitten haben.
Sollte Musk tatsächlich persönlich erscheinen, könnten die Dialoge mit dem Richter interessant werden. Denn nach Angaben der Kläger hat der schon im April 2022 entschieden, dass keine Jury die Musk-Aussagen von August 2018 als korrekt oder nicht irreführend ansehen werde. Der Tesla-Chef selbst sagte im selben Monat das genaue Gegenteil, obwohl ihm nach einer Einigung mit der SEC über den Vorfall eigentlich verboten ist, Fehlverhalten in diesem Zusammenhang (außer vor Gericht) zu bestreiten: Die Finanzierung zur Tesla-Privatisierung sei wirklich gesichert gewesen, erklärte Musk in einem Interview. Auf die Einigung mit der SEC habe er sich nur eingelassen, um in der damals schwierigen finanziellen Situation Tesla zu retten.
Tesla-Chef: „War zum Lügen gezwungen“
Nur dadurch sei der Eindruck entstanden, er habe bei seinen Twitter-Ankündigung gelogen, sagte Musk in dem Interview weiter, und erklärte, es gehe ihm geradezu pathologisch um die Wahrheit. Eigentlich sei er aber durch die SEC-Klage zu einer anderen Lüge gezwungen gewesen, nämlich gegenüber der Aufsicht einzuräumen, dass die Finanzierung anders als behauptet nicht gesichert war. Die Anwälte des Tesla-Chefs hatten zuvor unter anderem versucht, für den Prozess den Chef des saudi-arabischen Staatsfonds vorzuladen, von dem die Milliarden laut Musk kommen sollten. Der ließ jedoch mit dem Hinweis absagen, an Weisungen des Gerichts in Kalifornien nicht gebunden zu sein.
Aktualisierung: Am Mittwoch gab es laut der Nachrichten-Agentur Bloomberg einen ersten Schlagabtausch beider Seiten in dem Prozess. Demnach gab der Musk-Anwalt an, der Tesla-Chef habe seinen ersten Tweet auf dem Weg zum Flughafen geschrieben und darüber in Sekunden-Bruchteilen entschieden. Auslöser dafür sei gewesen, dass er zuvor einen Artikel über Käufe von Tesla-Aktien durch den Saudi-Fonds gelesen habe. Die Absicht des CEO, das Unternehmen von der Börse zu nehmen, habe ohne Frage bestanden. Musk habe diese Transaktion in Gesprächen mit Investoren vorbereitet und davon ausgehen können, dass die Finanzierung kein Problem darstellen würde. Ein Anwalt der Gegenseite bezeichnete Angaben von Musk und Tesla in diesem Zusammenhang laut Bloomberg als „Lügen“, die Aktionäre Millionen Dollar gekostet hätten.