Viele Jahre lang sollte die Zukunft des Autos in Brennstoffzellen liegen, die während der Fahrt Strom aus Wasserstoff für einen elektrischen Antrieb und als Emissionen nur Wasser erzeugen. Im Pkw-Bereich haben sich nach den technischen und wirtschaftlichen Erfolgen von Tesla mit seinen Batterie-Elektroautos bis auf wenige Hersteller inzwischen fast alle von dieser Vision verabschiedet, bei Nutzfahrzeugen aber lebte sie weiter. Doch auch das scheint zu Ende zu gehen: Mit Scania gab einer der größten Hersteller in diesem Bereich bekannt, nach seinen eigenen Erfahrungen damit nur begrenzte Einsatzmöglichkeiten für Brennstoffzellen-Antriebe zu sehen.
Scania und Tesla-Chef bei Wasserstoff einig
„Wir sehen, dass batterie-elektrische Lösungen die erste Technologie für lokale Emissionsfreiheit sind, die den breiten Markt erreichen werden“, schrieb Scania Mitte Januar in einer Pressemitteilung. Das habe man im Bus-Segment gelernt, in dem die Transformation schon früher begonnen habe als bei Lastwagen; die Nachfrage nach Batterie-Fahrzeugen sei dort hoch. Von einem nicht genannten Zeitpunkt an werde Scania pro Jahr mindestens einen neuen Bus und Lastwagen in diesem Segment auf den Markt bringen.
Das Wort von Scania hat Gewicht, denn das Unternehmen gehört zu den größten Herstellern von schweren Nutzfahrzeugen. Seit 2015 gehört es zum Volkswagen-Konzern, der bei Pkw bereits auf Elektroauto-Kurs nach dem Vorbild von Tesla gegangen ist. Und die Gründe, die Scania jetzt für den angekündigten Abschied vom Wasserstoff nannte, ähneln stark dem, was Tesla-CEO Elon Musk wenig später über Brennstoffzellen-Lkw sagte.
Mit dem Semi will auch Tesla bald eine schwere Zugmaschine anbieten. Und was CEO Musk über Wasserstoff für Pkw denkt, gilt auch für Lastwagen, wie er vergangene Woche in der Telefonkonferenz zu den Geschäftszahlen für 2020 wiederholte. Die Volumen-Dichte von Wasserstoff sei selbst in flüssiger Form sehr niedrig, und weil dafür Temperaturen nahe an absolut Null erforderlich seien, sei nicht einmal das realistisch, sagte Musk. Als Gas unter Druck aber sei die Wasserstoff-Dichte noch geringer, was riesige Tanks erfordere. Zudem mache die Brennstoffzelle zur Stromerzeugung daraus die ganze Technologie noch komplizierter. „Im Grunde ist sie einfach verrückt“, fasste der Tesla-Chef zusammen.
Musk bekräftigte 500 Meilen für Semi
So ähnlich lautete die Einschätzung von Musk schon immer. Neu aber ist, dass sie von Scania weitgehend geteilt wird. Man habe selbst in Wasserstoff-Technologie investiert und könne als einziger Anbieter von schweren Fahrzeugen auf Praxis-Erfahrungen damit bei Kunden zurückgreifen, heißt es in der neuen Mitteilung weiter, und dann: „Die Nutzung von Wasserstoff für solche Anwendungen wird begrenzt sein, weil für den Antrieb eines Wasserstoff-Lastwagens dreimal so viel erneuerbarer Strom benötigt wird wie für einen batterie-elektrischen“. Bei Produktion, Verteilung und Umwandlung in Strom von Wasserstoff gehe viel Energie verloren.
Außerdem müssten auch Reparaturen und Wartung beachtet werden, schreibt Scania weiter. Wegen der höheren Komplexität seien Brennstoffzellen-Fahrzeuge teurer als Batterie-Elektroautos, und als flüchtiges Gas bedeute Wasserstoff mehr Wartungsaufwand, um die Sicherheit zu gewährleisten. Batterie-Lösungen dagegen würden bei Ladezeit- und -zyklen sowie den Kosten pro Kilogramm (vermutlich Fracht) rasch besser. In einigen Jahren werde Scania Batterie-Lastwagen herausbringen, deren Kapazität bei 40 Tonnen Gesamtgewicht für 4,5 Stunden Fahrt reichen werde; das Aufladen könne dann in der vorgeschriebenen Fahrer-Pause von 45 Minuten erledigt werden.
Tesla-Chef Musk will wie üblich früher dran sein und mehr: Die Produktion des Semi soll nach seinen neuen Aussagen im Jahr 2022 beginnen, sobald genügend Batterie-Zellen dafür zur Verfügung stehen. Zur Reichweite bekräftigte er die zuvor genannten 500 Meilen, die schon mit heutigen Zellen (wenn Tesla denn genügend davon hätte) ohne größeren Verlust an Nutzlast möglich seien.