Die von Tesla genannte Reichweite für den Elektro-Sattelschlepper Semi sei physikalisch gar nicht möglich, behauptete Anfang 2018 der Chef der Lastwagen-Sparte bei dem deutschen Konzern Daimler. Damit hatte er insofern Recht, als Tesla-CEO Elon Musk mit der Angabe von bis zu 500 Meilen Reichweite und mehr pro Ladung die Entwicklung besserer Batterie-Technologie wohl um einige Jahre vorwegnahm. Spätestens im kommenden Jahr soll der Semi aber produziert werden – Akku-News dazu könnte es bei Teslas Batterie-Tag nächste Woche geben. Daimler wiederum hat jetzt einen Brennstoffzellen-Lastwagen vorgestellt, der sogar weiter kommen soll als der Tesla – aber erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts.
Daimler bei Personen-Autos auf Tesla-Kurs
Wasserstoff-Brennstoffzellen als Energie-Option für Elektroautos haben sich nach jahrzehntelanger Erforschung so gut wie erledigt, weil Tesla zeigte, dass Batterien viel einfacher und billiger Strom liefern. So will auch die Daimler-Marke Mercedes nach dem erfolglosen Verbrenner-Umbau EQC kurz nach der neuen S-Klasse mit dem EQS ein grundlegend neues Luxus-Elektroauto auf den Markt bringen und in Zukunft alle Modell-Reihen zuerst elektrisch entwickeln. Einzig BMW spricht unter den deutschen Konzernen noch gelegentlich von Brennstoffzellen-Autos, während Volkswagen schon länger auf Tesla-(Kuschel)kurs ist.
Auch den schweren Lastverkehr will Tesla mit dem Semi elektrisch machen, aber hier erscheint die Wasserstoff-Konkurrenz noch lebhafter. Der lautstarke Rivale Nikola mit seinen schicken Visionen von Brennstoffzellen-Trucks ist zwar trotz einer Partnerschaft mit General Motors in Visier von Leerverkäufern und der Börsen-Aufsicht SEC geraten. Aber auch Daimler arbeitet weiter an der Technologie. Jetzt hat die Lastwagen-Tochter Daimler Trucks ihre Strategie zur Elektrifizierung vorgestellt – mit einem Wasserstoff-Laster mit 1000 Kilometern Reichweite, der aber nicht vor 2025 in Serie gehen soll, also lange nach dem Tesla Semi mit seinen umgerechnet gut 800 Kilometern.
Mit Wasserstoff ablenken von Tesla Semi?
Abgesehen von der Reichweite setzt Daimler für sein GenH2 Truck genanntes Gefährt relativ bescheidene Ziele: Während der Tesla Semi dank viel Akku-Kapazität und starken Motoren beste Werte verspricht, soll der deutsche Elektro-Lastwagen bei der Leistungsfähigkeit „gleichauf mit der eines vergleichbaren konventionellen Diesel-Lkw liegen“ – und das erst „in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts“, also frühestens 2025. Erste Erprobungen bei den Kunden sollen allerdings schon 2023 beginnen.
Schon vor dem Wasserstoff-Serienstart irgendwann ab 2025 aber will Daimler mit reinen Batterie-Lastwagen kommen. Die Ankündigung zum GenH2, in der auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer lobend zu Wort kommt, könnte man dabei fast als Ablenkung verstehen: Im kommenden Jahr will Daimler dem Elektro-Lkw eActros auf den Markt bringen, mit nur „deutlich über 200 Kilometer“ Reichweite. Zur selben Zeit dürfte auch der Tesla Semi mit seinen 800 Kilometern schon zu haben sein. Und erst für 2024 plant Daimler jetzt den eActos LongHaul, der mit 500 Kilometern zumindest etwas mehr Reichweite haben soll als Teslas kleinerer Semi mit rund 480 Kilometern.