Aus zwei Gründen lohnt es sich, das Video auch dann anzusehen, wenn man sich nicht für absurd schnelle Autos interessiert: Erstens ist sehr ungewöhnlich, dass das darin dokumentierte Renn-Geschehen mitten in der Nacht stattfindet – nicht heimlich, sondern weil das verwendete Auto leise genug dafür ist. Und zweitens freut sich sein Fahrer nach dem gelungenen Rekord-Versuch so sehr, dass man es gesehen haben muss: Steve Huff ist als erster Mensch der Welt mit einem Elektroauto (falls man es noch so nennen kann) auf der Viertelmeile offiziell schneller gefahren als 200 Meilen pro Stunde, also gut 320 Stundenkilometer.
Kein Tesla und kein Porsche
Und darüber jubelt er schon am Funkgerät, während er noch am Ende der Strecke auf das Eintreffen seines Teams und des Reporters wartet; als sie dann da sind, redet er unablässig begeistert und bricht zwischendurch erneut in Jubel aus. Den Weg über die klassische US-Distanz von gut 400 Metern hatte er zuvor laut Anzeige in 7,52 Sekunden hinter sich gebracht und dabei 201,07 Meilen pro Stunde (324,06 km/h) erreicht. Dagegen sieht selbst das schnelle Tesla Model S Performance mit neuester Software langsam aus, das vor kurzem 10,45 Sekunden für die Viertelmeile brauchte.
Aber natürlich ist Huffs Gefährt keine Familien-Limousine wie der Tesla, die zufälligerweise auch brachial beschleunigen kann, und nicht einmal ein Elektro-Sportwagen wie der Porsche Taycan (der wohl ohnehin nicht mehr schneller als das Model S ist), sondern ein speziell für die Viertelmeile gebauter Dragster. Dafür braucht er anders als Tesla und Porsche nicht einmal Allrad-Antrieb, sondern lediglich zwei riesige und breite Hinterräder. Rechnerisch bekommt jedes davon 800 Kilowatt Leistung, denn der Gesamtwert wird mit 1,6 Megawatt angegeben.
Das reichte an Kraft und Bodenhaftung, um jetzt gut drei Jahre nach dem Start des Projekts mit dem Dragster Current Technology das konkret gesetzte Ziel zu erreichen, auf der Viertelmeile als Erster mit einem Elektroauto mindestens 200 Meilen pro Stunde schnell zu werden. Schon im September 2017 sprang dabei ein Zwischenrekord von 180,03 Meilen pro Stunde heraus. 2018 wurde wieder konstruiert, berichtet Huff auf seiner Website, und in diesem Februar zuletzt geschraubt. Unter anderem bekam der Dragster „zwei Axialfluss-Motoren mit Doppel-Kern und vier Controllern“.
Mit Spezial-Treibstoffen befüllte Verbrenner-Dragster sind derzeit noch deutlich schneller als Huffs Elektro-Monster. Der Rekord liegt bei ihnen schon jenseits von 500 Stundenkilometern, aber sie sind auch ungeheuer laut. Zudem haben sie tatsächlich einen vom Verbrenner-Motor bedingten Vorteil: Die nach oben strömenden Auspuff-Gase sorgen bei hoher Leistung für reichlich Anpressdruck, der das Gefährt auf der Fahrbahn hält. Das können Elektro-Dragster noch nicht – aber mit dem Tesla Roadster, der auch mit einem Düsen-Paket von SpaceX zu haben sein soll, könnte bald sogar ein Straßen-Elektroauto auch diesen Trick beherrschen.