Volkswagen starte eine „Qualitätsoffensive“ beim Elektroauto-Laden, teilte der Konzern in dieser Woche mit. Das kann man tatsächlich so sehen, denn unter anderem sollen seine eigenen E-Fahrzeuge künftig gut ausgestattete Stationen hervorheben und über „plug and charge“ Laden ohne manuelle Authentifizierung ermöglichen. Auch dass die Lade-Tarife vereinheitlicht werden, ist insofern ein Komfort-Gewinn, als man keine bösen Überraschungen bei der Abrechnung mehr fürchten muss. Doch zusätzlich ist das VW-Angebot für alle Elektroauto-Marken offen – und preislich so gestaltet, dass es auch für Tesla-Fahrer interessanter sein kann als Supercharging im eigenen Netz.
Elektroauto-Laden mit VW wird teils billiger
Nachdem die Supercharger bei Tesla anfangs kostenlos zu nutzen waren und neue Lade-Anbieter zumeist mit attraktiven Tarifen an den Start gingen, hat sich das in den vergangenen zwei Jahren drastisch geändert. Mit dem Model 3 in Europa begann Tesla, Geld für Supercharging zu verlangen, und nach und nach stiegen die Preise in immer kürzeren Abständen, bis sie in diesem April in Deutschland 50-52 Cent pro Kilowattstunde erreichten. Damit wäre Tesla inzwischen einer der teuersten Lade-Anbieter – wenn nicht andere wie EnBW und Fastned in der Zwischenzeit ebenfalls ihre Preise erhöht hätten.
Insofern kommt die Komfort-Offensive von Volkswagen sicher gelegen, aber die nackten Preise spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Auf jeden Fall werden sie übersichtlicher: Bei VW gibt es jetzt nur noch drei Tarife mit jeweils einem Preis für Wechselstrom, Gleichstrom allgemein und Gleichstrom bei Ionity (s. Grafik oben). Das ist ein Fortschritt, weil VW-Ladekunden bislang nur bei Ionity den Preis für alle Säulen kannten: Ansonsten konnte er abhängig vom Betreiber stark schwanken und im Extremfall bei über einem Euro pro Kilowattstunde liegen. Das kann man zwar in der App vorher sehen, aber nicht immer gibt es Alternativen in der Nähe.
Von den drei neuen VW-Tarifen für die Konzern-Marken, aber auch alle anderen Elektroautos, ist Drive Free ohne Monatsgebühr eher uninteressant. Man bezahlt 55 Cent pro Kilowattstunde Wechselstrom, 76 Cent für Gleichstrom und 79 Cent bei Ionity. Schnelles Laden ist für Tesla-Fahrer am Supercharger im Vergleich immer noch viel billiger, und für Wechselstrom gibt es bei EnBW einen freien Tarif für 45 Cent pro Kilowattstunde. Für 5,99 Euro pro Monat aber bietet VW jetzt Gleichstrom für 49 Cent pro Kilowattstunde, also schon unterhalb des Tesla-Preises. Bei 12,99 Euro Grundgebühr sinkt der allgemeine Gleichstrom-Preise weiter auf 47 Cent, und bei Ionity sogar auf 35 Cent.
Interessanter Tarif auch für Tesla-Vielfahrer
Ionity hatte mit seinem Preis von 79 Cent pro Kilowattstunde für Laden ohne Vertrag schon früh Hoffnungen auf dauerhaft billigen Elektroauto-Strom gedämpft. Seitdem führten immer mehr Karten- und App-Anbieter für unterschiedliche Betreiber spezielle Hochpreis-Tarife für Ionity-Laden ein. Das tat seinem Image nicht gut, und im vergangenen Herbst ging das Joint-Venture der deutschen Autobranche plus inzwischen Hyundai einen Schritt in die andere Richtung: Es führte ein Abo-Angebot auch für Elektroautos ein, die nicht von seinen Gesellschaftern stammen. Bei 17,99 Euro pro Monat und dann 35 Cent pro Kilowattstunde war es schon bei den damals noch niedrigeren Supercharger-Preisen auch für Tesla-Fahrer mit hohem Strom-Bedarf interessant.
Mit dem neuen VW-Angebot hat sich das allerdings erledigt, denn das teuerste Abo kostet dort pro Monat 5 Euro weniger als das von Ionity, und der Preis pro Kilowattstunde ist gleich – und bei VW lädt man zusätzlich recht günstig an anderen Stationen. Also hat sich Elektroauto-Laden in Deutschland durch die Einführung fester Preise bei Volkswagen soeben nicht nur vereinfacht, sondern auch die Höhe geht zur Abwechslung in eine erfreuliche Richtung. Trotzdem bleibt die Lade-Landschaft durch die zunehmend vielen Abo-Angebote kompliziert. Die Elektroauto-Vermietung nextmove hat ausgerechnet, welcher der großen Tarife plus Tesla bei verschieden vielen Kilometern pro Jahr am günstigsten aussieht. Dabei muss man aber immer beachten, dass die feste Gebühr auch dann zu bezahlen ist, wenn man eine Weile gar nicht oder außerhalb des abgedeckten Netzes lädt.