Viele Erwartungen für den Aufbau der für mehr Elektroautos nötigen schnellen Lade-Infrastruktur in Deutschland ruhten zunächst auf Ionity, also dem von den deutschen Autoherstellern gegründeten Joint-Venture für ein europäisches Netz. Mit seinen relativ wenigen Stationen und vor allem weit über dem Durchschnitt liegenden Strom-Preisen ist das Ionity-Angebot bislang allerdings wenig überzeugend. Stattdessen tut sich seit 2020 in Deutschland der Energie-Konzern EnBW mit einem offensiven Ladenetz-Ausbau allein und mit Partnern hervor, und die Kosten für Kunden dort waren mäßig. Doch wie zuvor Tesla in mehreren Schritten für seine Supercharger in Deutschland hat jetzt auch EnBW die Preise merklich erhöht.
EnBW-Preise bis 25 Prozent höher
Bei Tesla kostet Laden an den meisten deutschen Superchargern seit diesem Monat 37 Cent pro Kilowattstunde. Das sind 1 Cent oder knapp 3 Prozent mehr als vorher, aber es war nur der neueste Preis-Schritt. Den ersten war Tesla schon im vergangenen Oktober gegangen. Bis dahin gab es Supercharger-Strom in Deutschland für 33 Cent pro Kilowattstunde. Insgesamt ergibt sich eine Preiserhöhung um rund 12 Prozent innerhalb von sieben Monaten.
Mit dem jüngsten Extra-Cent hatten sich die Preise bei Tesla schon bis auf 2 Cent dem Niveau bei EnBW angenähert: Dort kostete schnelles Elektroauto-Laden 39 Cent pro Kilowattstunde, wenn man eine Grundgebühr von 4,99 Euro pro Monat bezahlt oder ADAC-Mitglied ist. Doch mit einer eigenen Preiserhöhung wird EnBW den Abstand bald wieder deutlich vergrößern.
Wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte, steigen die Lade-Preise in seinem Hypernetz aus eigenen und fremden Stationen zum 6. Juli um durchschnittlich 7,7 Cent pro Kilowattstunde. Statt mit Grundgebühr 39 Cent soll zum Beispiel schneller Elektroauto-Strom an EnBW-Stationen ab dann 46 Cent kosten, eine Erhöhung um rund 18 Prozent. Zudem nimmt der Anbieter für fremde Gleichstrom-Säulen jetzt nicht mehr denselben Tarif, sondern 49 Cent, also gut 25 Prozent mehr als vorher. Eine Ausnahme bildete schon bislang Ionity, für dessen Nutzung auch ENBW mit 79 Cent pro kWh mehr verlangte. Dieser Preis bleibt gleich, aber die Grundgebühr für die genannten Hypernetz-Preise erhöht sich ebenfalls um einen Euro auf bald 5,99 Euro.
Gut für Tesla, schlecht für Elektroautos
Diese für Elektroauto-Fahrer unerfreuliche Neuigkeit verpackte ENBW am Dienstag in eine Mitteilung, laut der das eigene Ausbau-Tempo weiter erhöht werden soll. Die Preiserhöhung sei erforderlich, um das zu finanzieren und um „der dynamischen Kostenentwicklung Rechnung zu tragen“. Für Tesla als Unternehmen ist die Preiserhöhung bei der Lade-Konkurrenz wohl positiv, weil sie das eigene Supercharger-Netz und damit auch die eigenen Elektroautos relativ gesehen wieder attraktiver macht. Für den größeren Wettbewerb zwischen Verbrenner- und elektrischen Fahrzeugen aber sind die allerorten steigenden Ladestrom-Preise gewiss nicht hilfreich.