Später und vielleicht widerwilliger als andere traditionelle Hersteller steigt BMW in das von Tesla eingeläutete Elektroauto-Zeitalter ein. Nach dem frühen i3 kamen lange nur Hybride und soeben der Verbrenner-Umbau iX3, der teurer ist als das Tesla Model Y und weniger Kraft und Reichweite bietet. Nächstes Jahr soll immerhin der konsequenter elektrische i4 folgen, und jetzt hat BMW für Ende 2021 einen Ausblick auf sein großes E-SUV iX gezeigt. Es spielt eher in der Liga des Model X und soll es technisch zum Teil übertreffen – aber auf Twitter hatte BMW wieder mit seinem Nieren-Problem zu kämpfen.
Elektroauto teilt Plattform mit Verbrennern
In der Elektroauto-Chronik von BMW ist der jetzt als Ausblick gezeigte iX die Serienversion der Studie iNext von 2018. Beschrieben wird er als Sports Actvity Vehicle, also irgendetwas zwischen SUV, Crossover, Kombi und ein wenig Coupe. Bei der Größe bezeichnet BMW Länge und Breite als vergleichbar mit dem X5, bei der Höhe „aufgrund der fließenden Dachlinie“ mit dem X6, bei der Größe der Räder mit dem X7.
Diese Vergleiche sind insofern vielsagend, als BMW anders als andere nachrückende Hersteller auch bei dieser Generation nicht auf reine Elektroauto-Plattformen wie Tesla setzt – die genannten X-Verbrenner werden dieselbe Basis-Architektur nutzen wie das iX-Elektroauto. Trotzdem will BMW anders als mit dem iX3 der Tesla-Referenz Model X mit dem E-Flaggschiff in seiner Klasse technisch Paroli bieten.
Nur mit Einschränkungen gilt das für die Beschleunigung – was Freunde der sportlichen Marke BMW enttäuschend finden könnten. Für den iX werden „weniger als 5,0 Sekunden“ von 0-100 Stundenkilometer angegeben – das kann vieles heißen, aber das Tesla Model X Performance liegt mit 2,8 Sekunden wohl darunter. Dafür kündigt BMW eine „Reichweite von mehr als 600 Kilometern im WLTP-Zyklus“ an. Das wäre tatsächlich knapp oberhalb des Tesla Model X, das aktuell maximal 561 Norm-Kilometer weit kommt. Der iX-Akku soll „mehr als 100 kWh“ Kapazität haben.
Was BMW mit einem „im Wettbewerbsumfeld herausragend niedrigen“ Stromverbrauch meint, blieb dagegen zunächst unklar. In der Mitteilung wird ein Ziel-Wert von weniger als 21 kWh pro 100 WLTP-Kilometer genannt – aber Tesla liegt beim Model X bereits darunter.
Schneller laden als Tesla Model X
Dennoch sind mehr als 600 Kilometer Reichweite ein Wort, zumal BMW auch bei der Ladeleistung Teslas Model X übertreffen soll. Das kann an geeigneten V3-Superchargern zwar neuerdings ebenfalls mit bis zu 250 Kilowatt laden, das gilt aber nicht für Europa: Hier wird für V3-Laden mit Model S und Model X ein CCS-Adapter gebraucht, der nur um 140 Kilowatt zulässt.
Noch etwas mehr Reichweite hätte BMW gewiss herausholen können, wenn sich zu dem laut Mitteilung „flachsten jemals bei einem Modell der BMW Group realisierten Scheinwerfer“ am iX auch ein elektrisch-schlanker Kühlergrill gesellt hätte. Aber in dieser Hinsicht sind die Designer offenbar fest entschlossen: Als eines der Highlights wird die Niere genannt, die wie schon im i4 (und in aktuellen BMW-Verbrennern) senkrecht steht und geradezu riesig ausfällt.
Wieder Twitter-Spott für große Niere
Die Niere bei den eigenen Elektroautos sei vollständig geschlossen, weil deren Antrieb nur wenig Kühlluftzufuhr erfordere, erklärt BMW dazu offen – sie diene stattdessen jetzt als „Intelligenzfläche“ mit Kamera, Radar und weiteren Sensoren. Doch das Konzept erntete schon bei mehreren Gelegenheiten hauptsächlich Spott auf Twitter, weil die große und aggressive Schein-Öffnung Tesla- und anderen Elektroauto-Fans missfiel.
So, you wanna bet on?
The first-ever BMW iX.https://t.co/NhWosxWcxK#NEXTGen #THEiX pic.twitter.com/ZjRqGnVswv— BMW (@BMW) November 11, 2020
In einem Fall hatte sich BMW nach Beobachtung eines Nutzers schon entschieden, negative Twitter-Kommentare zum iNext auszublenden. Bei der Vorstellung des iX am Mittwoch war das Social-Media-Team offenbar vorbereitet: Erneut wurde der Intelligenz-Grill mehrfach kritisiert, aber zumindest anfangs reagierte es mit teils launigen Repliken wie „nicht zu dick, nur mehr Fläche zum Lieben“ darauf. Trotzdem scheinen BMW und Twitter keine Freunde mehr zu werden – jedenfalls nicht, bevor der große Grill geht.