Das Thema ist offenbar wirklich wichtig: Sowohl Vertreter von Tesla als auch von Fastned nutzten die offizielle Eröffnung des gemeinsamen Elektroauto-Ladeparks bei Hilden im Oktober 2020, um in ihren Reden vor möglichen Zwangspausen beim Aufladen zu warnen, die zur Schonung des Stromnetzes durch ein neues Gesetz eingeführt werden könnten. An diesem Wochenende berichtete dann die Zeitung Welt am Sonntag, genau einen solchen Gesetzesentwurf habe das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegt. Meldungen darüber auf Twitter lösten teils empörte Reaktionen aus. Und sie holten sogar das Ministerium aus seiner Wochenend-Ruhe, denn es erklärte, der zitierte Entwurf sei nicht mehr aktuell.
„Spitzenglättung“ als Elektroauto-Bremse
„Wirtschaftsministerium plant Zwangs-Ladepausen für Elektroutos“, lautet die Überschrift des am Sonntagvormittag veröffentlichten Welt-Artikels. Eingeführt werden könnten sie durch eine Änderung des deutschen Energiewirtschaft-Gesetzes (EnWG): Der neue Paragraf 14a sehe ein Recht der Netzbetreiber vor, „steuerbaren Verbrauchseinrichtungen“ wie Wärmepumpen oder eben auch Elektroauto-Ladestationen den Strom abzuschalten. Das werde als „Spitzenglättung“ bezeichnet und solle eine Überlastung des Netzes verhindern.
Droht also den Besitzern von Elektroautos beim Laden zuhause sowie auch den Betreibern von schnellen Ladestationen wie Tesla mit seinen Superchargern in Zukunft ein staatlicher verordneter Blackout? Zwei Stunden am Tag sind einerseits nicht viel. Andererseits könnte man genau in diesem Zeitfenster landen, wenn man gerade laden will oder muss. Das wäre durchaus eine erhebliche Einschränkung für die in Deutschland gerade aufkeimende Elektromobilität, die zuletzt eigentlich auch vom BMWi mit höheren Auto-Kaufprämien und Subventionen für private wie öffentliche Ladestationen kräftig gefördert wurde.
2/3 @peteraltmaier legt größten Wert darauf, dass der Hochlauf der Elektromobilität schnell und für alle Beteiligten verlässlich erfolgt. Er wird in den kommenden Tagen diesbezüglich sowohl mit den Fahrzeugherstellern als auch
— Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (@BMWK) January 17, 2021
Die Frage wurde auch auf Twitter vielfach gestellt oder als schon mit „ja“ bantwortet verstanden, doch die Aufregung scheint deutlich übertrieben. Zum einen ist schon der Welt-Bericht insofern falsch, als in dem EnWG-Entwurf nicht von einem kompletten Abschalten von Elektroauto-Ladern die Rede ist: Sein Text wurde Ende Dezember auf den Webseiten der Europäischen Kommission veröffentlicht, und darin ist nicht von einer Unterbrechung der Stromversorgung bei Netz-Engpässen die Rede, sondern nur von einer Begrenzung der Entnahmeleistung. Statt die maximale Leistung würden Tesla- und andere Elektroauto-Fahrer also zumindest noch einen Teil davon bekommen, wenn der Strom netzweit knapp wird.
Entwurf laut Ministerium vom Tisch
Aber nicht einmal damit ist zu rechnen. Denn am Sonntag meldete sich das verantwortliche Ministerium selbst zu dem Artikel und zu einer Twitter-Nachricht vom Samstag zu Wort, in der auf den heiklen Text verwiesen wurde. Der Entwurf habe „nicht die Billigung des Ministers gefunden“, schrieb @BMWi_Bund. Deshalb sei er schon „am vergangenen Freitag zurückgezogen“ worden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier werde in den kommenden Tagen Gespräche mit Netzbetreibern und Elektroauto-Herstellern führen und danach einen für alle Seiten akzeptablen Vorschlag vorlegen. Warum ein Entwurf, der dem Minister selbst nicht gefällt, trotzdem schon an die EU weitergemeldet wurde, ließ sein Twitter-Team offen.