In den meisten westlichen Märkten nimmt, wenn auch in unterschiedlichen Tempo, die Verbreitung von Elektroautos zu – und mit ihr die der nötigen Lade-Infrastruktur. Nachdem beginnend mit den Tesla-Superchargern zunächst vor allem Stationen für schnelles Laden unterwegs entstanden, bekommt die breiter werdende Käufer-Basis, in der nicht jeder eine eigene Garage hat, auch Strom-Spender mitten in Städten. Dadurch prägt der Elektroauto-Trend zunehmend auch die städtische Infrastruktur. Wie man das ansprechend gestalten kann, zeigt London – und in Hannover kann man sehen, wie es zumindest funktioniert.
Porsche Cayenne lädt an Laterne
„London wird zu einer ‚Steam Punk‘-Stadt, viktorianische Laternen werden jetzt zu Elektroauto-Ladern umgebaut“, schrieb am vergangenen Freitag auf Twitter Mike Butcher, Korrespondent für das US-Magazin TechCrunch in Großbritannien. Als Beleg dafür zeigte er ein Foto von einer alten Straßen-Laterne mit neuer Funktion: In ihrem hohen schwarzen Fuß steckt ein Stromkabel, und das wiederum versorgt ein daneben geparktes Auto mit von außen aufladbarer Batterie, wohl einen Porsche Cayenne als Plugin-Hybrid.
Das Fahrzeug mag nicht unbedingt ein Muster-Beispiel für die von Tesla und anderen angestrebte Verkehrswende sein, aber es ist ein Schritt in diese Richtung. Und das gilt erst recht für die Londoner Laterne, denn sie zeigt, wie elegant sich moderne Elektroauto-Technik in ein klassisches Stadt-Bild integrieren lässt. Laut scharfäugigen Twitter-Nutzern ist auf ihr ein QR-Code wohl zum Starten der Ladung zu erkennen. Abgesehen von einem kleinen grünen Licht über dem Stecker aber ist ihr altes Erscheinungsbild erhalten geblieben.
London is turning into a “Steam Punk” city, with Victorian lampposts now adapted as electric car chargers. pic.twitter.com/iXZM53kM9a
— Mike Butcher (@mikebutcher.bsky.social) (@mikebutcher) May 28, 2021
Schon das Wort „Laternen-Parker“ für Menschen ohne Garage zeigt, wie nahe liegend die Idee mit den Laternen-Ladern ist. Schließlich stehen die hohen Lichtspender nicht nur in London, sondern in den meisten größeren Städten zu Dutzenden dort, wo auch Autos parken. Eine Anbindung an das Stromnetz haben sie ebenso schon wie den Vorteil, dass man sie gut sehen und im vorhandenen Gehäuse Ladetechnik unterbringen kann. Berlin wollte deshalb schon 2019 mit der Aufrüstung beginnen, doch die scheiterte zunächst daran, dass die Stadtverwaltung den Einbau direkt in die Masten nicht zulassen wollte.
Hannover in Deutschland vor Berlin
Seit Ende 2020 gibt es in Berlin einen neuen Anlauf, aber in der Zwischenzeit hat nicht nur London vorgelegt, sondern auch das deutsche Hannover, jedenfalls funktional. Das fiel teslamag.de bei einer Fahrt durch die niedersächsische Landeshauptstadt nach der Twitter-Meldung aus Großbritannien auf: An einer Straßenlaterne unweit unseres Sitzes lud mit umständlich über das Dach verlegtem Kabel ein weißer Elektro-Golf. Die Realisierung ist weitaus weniger elegant als in London. Von Integration in den Mast kann keine Rede sein, stattdessen prangt an ihm ein dicker und etwa einen Meter hoher grauer Lade-Kasten mit vielen Aufschriften von Enercity, dem lokalen Versorger.
Dieser Anblick ist allerdings wahrscheinlich nur dann schrecklich, wenn man kurz vorher die schicke Londoner Lösung gesehen hat – andere dürften hauptsächlich erfreut über die zusätzliche Elektroauto-Lademöglichkeit in der Stadt sein. Kurzes Nachsehen zeigt zudem, dass zumindest die Region Hannover ihren ersten Laternen-Lader sogar schon Anfang 2020 bekommen hat. Wenn man sich für die Optik von vornherein nicht allzu sehr interessiert, kann es also auch in deutschen Städten schnell damit gehen.