Etwa zweieinhalb der gut hundert Seiten im offiziellen Jahresbericht von Tesla, der an diesem Montag veröffentlicht wurde, sind dem Thema rechtlicher Risiken gewidmet. Wer sich für mehr als die neuesten Finanz- und Geschäftszahlen einschließlich jetzt 2 Milliarden Dollar Bitcoin-Marktwert und fast 100.000 Beschäftigten interessiert, wird in dem als 10-K bezeichneten Börsen-Dokument also ebenfalls fündig. So ist ihm zu entnehmen, dass ältere Klagen gegen Tesla weiter schwelen. Außerdem stellte sich 2021 heraus, dass zwei neue Verfahren drohen. Eines davon betrifft einen alten Konflikt von Tesla-CEO Elon Musk mit der Börsenaufsicht SEC – die aber eine andere Untersuchung eingestellt hat.
Musk-Tweet mit vielen Nachspielen
Schon seit 2016 klagen mehrere Aktionäre gegen Tesla und innerhalb der Führung nur noch Musk (s. Foto oben), weil der sich als einziger nicht auf einen Vergleich einließ, wegen der Übernahme des Photovoltaik-Unternehmens Solarcity. Der neueste Stand war hier, dass die Kläger Mitte Januar von Musk Tesla-Aktien im heutigen Wert von 13 Milliarden Dollar zurückforderten. Bis Mitte des Jahres werde die Entscheidung des Gerichts erwartet, heißt es dazu jetzt in dem Bericht. Daneben laufen zwei ältere Klagen wegen der Vergütung für Musk und andere Board-Mitglieder weiter. Die Verhandlung über die erste soll laut Tesla ab Mitte April stattfinden.
Mehrfach zu lesen war schon vor der 10K-Veröffentlichung zuletzt von den juristischen Nachspielen einer möglicherweise unbedachten Twitter-Nachricht von Musk im August 2018. Damals schrieb er, über einen Wegkauf von Tesla von der Börse nachzudenken und die Finanzierung dafür schon gesichert zu haben. In einem Vergleich mit der SEC räumte er später zwar kein Fehlverhalten ein, gab aber den Posten als Board-Vorsitzender bei Tesla auf und zahlte 40 Millionen Dollar. In diesem Zusammenhang fordert zum einen die Investmentbank JPMorgan 162 Millionen Dollar Nachzahlung für ein Derivate-Geschäft – in dem Prozess darum ließ Musk vor kurzem erklären, der Tweet sei „vollständig wahr“ gewesen.
Außerdem gibt es auch hier eine Sammelklage von Tesla-Aktionären, die nach den neuen Angaben im Mai verhandelt werden soll. Und auch die SEC gibt sich offenbar nicht damit zufrieden, dass der CEO einen Teil des Vergleichs mit ihr zu dem Vorfall allem Anschein nach schlicht ignoriert. Eigentlich müsste er bestimmte Twitter-Nachrichten zu Tesla-Zahlen und -Produkten vorher juristisch prüfen lassen. Schon in Juli 2020 hatte die Börsenaufsicht laut einem Bericht vermutete Musk-Verstöße gegen die Regelung moniert, blitzte damit aber mehr oder weniger ab. Aber sie lässt nicht locker: Nach Angaben in dem Jahresbericht hat sie Tesla im November 2021 eine offizielle Aufforderung (subpoena) zugestellt, Informationen zur Handhabung der Twitter-Kontrolle über den CEO zur Verfügung zu stellen.
Alte Tesla-Klagen laufen, neue drohen
Sollte sich herausstellen, dass Musk die Einigung nicht einhält, dürfte die SEC nicht zögern, ihn deswegen zu verklagen – zumal er der Behörde schon öffentlich mitgeteilt hat, keinen Respekt für sie zu haben. Das wäre ein zusätzlicher Prozess in der länger werdenden Liste der bedeutenden laut dem Tesla-Bericht. Und noch ein weiterer bahnt sich demnach an: Das California Department of Fair Employment and Housing hat dem Unternehmen mitgeteilt, dass es Anlass für eine Zivilklage wegen Rassendiskriminierung und Belästigung gegen Tesla als Arbeitgeber sehe. Hier machte vor kurzem ein Prozess Schlagzeilen, in dem einem Ex-Mitarbeiter wegen rassistischer Beleidigungen 137 Millionen Dollar zugesprochen wurden. Dagegen will Tesla wenn nötig in Berufung gehen, steht in dem Bericht.
Doch nicht alle Tesla-Verfahren laufen ewig oder ziehen weitere nach sich. So verlangte die SEC schon Ende 2019 per subpoena Finanzdaten und Verträge unter anderem zu Finanzierungsvereinbarungen. Ende 2021 sei man von der Behörde informiert worden, dass diese Untersuchung beendet sei, berichtet Tesla dazu jetzt. Schon vorher habe außerdem das US-Justizministerium auf freiwilliger Basis Informationen zu dem Börsen-Rückzug und zur Produktion des Model 3 angefordert und bekommen. Seit der letzten Lieferung im Mai 2019 habe es in dieser Angelegenheit aber keine weiteren Anfragen mehr gegeben.