Der Versuch von Tesla-Chef Elon Musk, alle Aktien von Twitter zu kaufen, um den Dienst künftig als privates Unternehmen zu führen, nimmt immer stärker Züge einer klassischen Übernahme-Schlacht an. Nachdem Musk das Twitter-Board, zu dessen Mitglied er nach dem Kauf der ersten 9 Prozent noch werden wollte, über seine Kauf-Absicht für den Rest informiert hatte, engagierte es die Investmentbank Goldman Sachs, um bessere Optionen zu erkunden. Der Tesla-Chef lässt sich von Morgan Stanley beraten, den nächsten Zug machte aber jetzt erst einmal Twitter.
Twitter-Giftpille zur Musk-Abwehr
Man habe einen Bezugsrechte-Plan mit begrenzter Laufzeit beschlossen, informierte das umkämpfte Unternehmen am Freitag sachlich in einer Pressemitteilung. Börsen-Dienste bezeichneten das sofort als „Giftpille“, und tatsächlich sind Bezugsrechte in der von Twitter gewählten Ausgestaltung eine klassische Maßnahme zur Abwehr unerwünschter Übernahme-Angebote. Der drastische Ausdruck ist nicht so zu verstehen, dass ein Ziel-Unternehmen sich vor Verzweiflung selbst vergiftet – eher soll sich der Aufkäufer daran verschlucken.
Im Fall von Twitter dient der Plan nach den Angaben dem Ziel, dass alle Anleger den vollen Wert ihrer Investition realisieren können, indem er die Wahrscheinlichkeit dafür verringert, dass eine Person oder Gruppe durch Käufe am offenen Markt die Kontrolle über das Unternehmen gewinnt. Gleichzeitig soll das Board Zeit für wichtige Entscheidungen im Sinne der Anleger gewinnen. Und dazu hat es einstimmig beschlossen: Wenn irgendwer 15 Prozent oder mehr der Twitter-Anteile in seinen Besitz gebracht hat, wird bei allen anderen Aktionären das Recht aktiviert, für jede ihrer bestehenden Aktien verbilligt zwei zusätzliche zu kaufen.
https://twitter.com/TwitterIR/status/1515001122603388928
Wenn Tesla-Chef Musk also an der Börse weitere gut 6 Twitter-Prozent kauft, hätte das jetzt zur Folge, dass sich die Zahl der verbleibenden Aktien verdreifacht. Der Kurs dürfte dadurch sinken, aber nur Musk bekäme keinen Ausgleich in Form zusätzlicher Aktien dafür – und auch sein Gesamtanteil würde sich entsprechend verringern. Das klingt unfair, ist aber laut Investopedia in dieser und anderen Formen eine seit den 1980er Jahren gängige Giftpillen-Praxis, die auch Klagen dagegen vor Gericht standgehalten hat.
Tesla Chef hat noch einen Plan B
Eine Twitter-Übernahme durch den Tesla-Chef wird dadurch nicht unmöglich, aber voraussichtlich teurer und schwieriger. Die Aktivierung der Rechte steht unter dem Vorbehalt, dass die Überschreitung der 15 Prozent nicht vom Board unterstützt wird. Also könnte sich Musk mit ihm einigen, oder es könnte ein „weißer Ritter“ mit einem vom Management unterstützten Übernahme-Angebot kommen und so Twitter vor ihm retten.
Dass der Tesla-Chef sein eigenes Angebot von 54,20 Dollar pro Aktie aufbessert, hat er in der Information an das Board ausgeschlossen und ihm auch sein nicht vorhandenes Vertrauen ausgesprochen. Er sei nicht sicher, ob der Twitter-Kauf gelinge, sagte Musk am Donnerstag in einem Interview, auch wenn es ihm sicher nicht an den nötigen finanziellen Mitteln mangele. Er habe aber auch noch einen Plan B. Worin der besteht, wollte Musk nicht sagen, aber zuvor hatte er schon mit der Gründung einer eigenen Nachrichten-Plattform geliebäugelt. Wenn es dazu kommt, würde sich vielleicht zeigen, ob der Tesla-Chef mit seinen Unternehmen den viel kritisierten und genutzten Dienst dringender braucht als dieser ihn oder umgekehrt.