Ende 2022 überstieg der Bestand an reinen Elektroautos auf deutschen Straßen dank einer Welle von Neuzulassungen erstmals die Marke von einer Million. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres ist er, obwohl wegen des gesenkten Umweltbonus ein Einbruch befürchtet wurde, nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) auf knapp 1,2 Millionen Einheiten weiter gestiegen. Das Ziel der Bundesregierung von 15 Millionen Elektroautos in 2030 lässt sich in diesem Tempo jedoch nicht erreichen. Und auch sonst stellen Experten der Ampel-Regierung ein schlechtes Klima-Zeugnis aus.
Renault Zoe in Bestand vor Tesla Model 3
Exakt belief sich der deutsche Bestand Ende Juni laut KBA auf 1.179.632 reine Elektroautos. Am häufigsten darin zu finden war der Renault Zoe, von dem nach den Daten 84.227 Stück in Deutschland zugelassen sind. Das Tesla Model 3 (s. Foto oben) ist mit 75.673 Einheiten das zweitwichtigste Modell. Die Neuzulassungen wurden zuletzt vom Model Y angeführt, aber weil es erst gut zwei Jahre später auf den europäischen Markt kam, ist die Gesamtzahl niedriger: Den Bestseller-Tesla gibt es hierzulande 57.726-mal. Damit steht mit 69.079 Stück auch der VW ID.3 noch vor ihm.
Zugleich zeigt die Gesamtzahl, dass immer noch viele Elektroautos aus Deutschland verschwinden. Ende 2022 betrug sie rund 1,04 Millionen, und in den sechs Monaten danach wurden gut 220.000 Einheiten neu zugelassen. So hätten es Ende Juni rund 1,26 Millionen sein müssen statt der jetzt gemeldeten unter 1,2 Millionen. Ungefähr 80.000 Elektroautos wurden in diesem Jahr also verschrottet oder ins Ausland verkauft – wohl vor allem letzteres, denn nicht nur viele Tesla-Käufer machten gern von der Nachfrage nach jungen Gebrauchten in anderen Ländern Gebrauch, sobald die sechs Monate Haltefrist für den deutschen Umweltbonus abgelaufen waren.
Diese Geschäfte sind mittlerweile stark eingeschränkt, weil der Umweltbonus in diesem Jahr sank und die Mindesthaltedauer auf ein Jahr verlängert wurde. Doch laut dem Berater Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) wird das bei weitem nicht reichen, um das Koalitionsziel von 15 Millionen Elektroautos in Deutschland bis 2030 zu erreichen. Für dieses Jahr erwartet er nur 450.000 E-Neuzulassungen und für das übernächste 650.000, berichtet das Portal ecomento. Bei unveränderten Rahmenbedingungen laufe das auf nur 7-8 Millionen Elektroautos bis 2030 hinaus.
„Realitätscheck“ zu Elektroautos gefordert
Laut Bratzel ist ein „Realitätscheck“ nötig, um Elektroauto-Ziele und -Förderung aufeinander abzustimmen. Den bekam die Ampel-Regierung am Dienstag auch in breiterer Form, nämlich von ihrem Expertenrat für Klimafragen, der die Aufgabe hat, die staatlichen Maßnahmen in diesem Bereich zu bewerten. Die größte Lücke sieht das Gremium laut einem neuen Prüfbericht im Verkehr: Hier würden bis 2030 voraussichtlich 117-191 Millionen Tonnen mehr CO2-Äquivalent emittiert, als das Klima-Budget erlaubt. Die Annahmen dahinter, unter anderem in Bezug auf die Umsetzungsgeschwindigkeit, bezeichnet der Rat zudem als „optimistisch“.