Wenn Tesla an der Börse derzeit gelegentlich (wie am gestrigen Dienstag bis kurz vor Handelsschluss) einen schwachen Tag hat, könnte das daran liegen, dass Aktien nun einmal nicht immer nur weiter steigen können. Es könnte aber auch damit zusammenhängen, dass ein schon länger erwartetes Ereignis weiter auf sich warten lässt: die Aufnahme von Tesla in den S&P 500 als den wichtigsten Aktien-Index der USA und im Grunde weltweit. Die letzte formale Voraussetzung dafür hatte Tesla eigentlich mit der Bekanntgabe des vierten profitablen Quartals in Folge in diesem Juli erfüllt, aber noch hat Standard & Poor’s als der Index-Verantwortliche keine Entscheidung zur Aufnahme verlauten lassen.
Index-Komitee muss Tesla nicht nehmen
Mittlerweile sind Vermögen im Bereich von Billionen US-Dollar in ETFs und Fonds investiert, die rein passiv den S&P 500 nachbilden. Wenn Tesla zum Teil dieses Index wird, würde das bedeuten, dass all diese Profi-Anleger die Aktie entsprechend ihrer Gewichtung darin kaufen müssten. Nach Schätzungen ginge es dabei um 25 Millionen Aktien (vor dem Ende der Woche anstehenden Split von 5 zu 1 bei Tesla), beim aktuellen Kurs um 2000 Dollar also um ein Volumen von 50 Milliarden Dollar.
Mit der baldigen Aufnahme von Tesla in den S&P 500 war nach den überraschend guten Zahlen zum zweiten Quartal vor allem von Optimisten fest gerechnet worden. Allerdings hat das zuständige Index-Komitee viel Spielraum, sowohl was die Entscheidung selbst angeht als auch mit Blick auf Termine dafür: Die Mitglieder sollen bestimmte Kriterien wie die Profitabilität über ein Jahr beachten und regelmäßig zusammentreten, aber von beidem können sie auch abweichen.
„Tesla-Flammenwerfer zählen auch“
Vor diesem Hintergrund erklärte die Börsen-Firma DataTrek das bisherige Ausbleiben der S&P-Entscheidung für Tesla jetzt mit der Art der Gewinne bei dem Elektroauto- und Akku-Hersteller, berichtet die Nachrichten-Agentur Bloomberg. Im ersten Halbjahr 2020 habe Tesla 782 Millionen Dollar mit dem Verkauf von CO2-Guthaben an andere Hersteller eingenommen und nach GAAP-Regeln nur 220 Millionen Dollar Gewinn gemacht. Das S&P-Komitee gerate dadurch in eine Zwickmühle, schreibt der DataTrek-Mitgründer Nicholas Colas laut Bloomberg. Denn Tesla habe damit die Gewinn-Voraussetzung zwar formal erfüllt, das aber „ausschließlich durch regulatorische Arbitrage“.
Der Analyst halte das Kern-Geschäft Elektroautos noch für zu schwächlich und volatil, als dass Tesla sich schon für großen S&P 500 eignen würde, übersetzt Bloomberg die Äußerungen des früheren Auto-Analysten Colas. Ein Kollege von ihm aus dem eigenen Haus dagegen sehe die Lage deutlich anders: In den S&P-Richtlinien sei keine Rede davon, dass Index-Kandidaten ihre Gewinne in einem bestimmten Bereich erzielen müssten, habe der Bloomberg-Analyst Kevin Tynan erklärt. Im Fall von Tesla bedeute das, dass nicht nur das Auto-Geschäft zähle – „Solar-Module, Robo-Taxis, regulatorische Guthaben oder Flammenwerfer sind auch in Ordnung“, sagte Tynan in einer Anspielung auf die vielen Ideen von Tesla-Chef Elon Musk.