Bild: Volkswagen
Im April dieses Jahres wurde der vorherige BMW-Vorstand Markus Duesmann neuer Vorstandschef bei der Volkswagen-Marke Audi, wo er eine zentrale Rolle in der von Konzernchef Herbert Diess betriebenen Umstellung nach dem Vorbild von Tesla spielt. Duesmann, der in die Entwicklung des frühen BMW-Elektroautos i3 involviert war, verantwortet bei Volkswagen nicht nur Audi, sondern auch die konzernweite Forschung und Entwicklung sowie die seit Mitte Juli eigenständige Software-Einheit. In einem Interview hat er sich jetzt ausführlich zu seiner Arbeit geäußert und dabei viele Fragen zu Elektroautos und Tesla beantwortet.
Tesla-Vorsprung bei Software und Autonomie
„Ich bin dankbar, dass es Tesla gibt“, denn er sei ein Fan von Elektromobilität, sagte Duesmann in dem Gespräch mit dem Handelsblatt unter anderem. Außerdem äußerte er sich erneut über den viel diskutierten Vorsprung von Tesla gegenüber anderen Herstellern wie speziell VW. Er sehe so einen Vorsprung jedenfalls bei Akkus nicht, hatte der Audi-Chef schon vor zwei Wochen bei einem Interview mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gesagt. Das wiederholte er jetzt nahezu, wenn auch etwas präziser: „Bei Batteriezellen kann ich das nicht wirklich sehen, die Chemie beherrschen wir auch“, antwortete er auf die Frage, wie weit vorne Tesla sei.
Tesla habe allerdings im Moment noch „größere Speicher“, weil seine Elektroautos um diese herum konstruiert seien, sagte Duesmann laut dem Handelsblatt weiter. Und: „Beim Thema Rechner und Software-Architektur hat Tesla sicher zwei Jahre Vorsprung, beim automatisierten Fahren auch.“
Das ist einerseits ein deutliches Eingeständnis, das auf der anderen Seite vielleicht nicht einmal weit genug geht. Denn die Herausforderung, vor der Audi oder auch Volkswagen bei Software stehen, schilderte Duesmann mit drastischen Worten: „Aus dieser Welt können wir auf traditionellem Weg nicht ausbrechen“, sagte er mit Blick auf die bisherigen Ansätze zur Digitalisierung – aus einem Steuergerät seien zehn und dann hundert geworden, und alle in der Branche hätten sich darauf eingestellt. Tesla dagegen sehe ein Elektroauto als „ein Device, auf dem eine Software läuft“. Das sei eine Revolution, und die müsse es jetzt auch bei VW geben.
Im Schnellboot Tesla verfolgen
Zwei Jahre klingen nicht nach viel Zeit dafür. Doch Duesmann setzt, wie er sagte, große Hoffnungen auf das Audi-Projekt Artemis. Darin soll „wie in einer kleinen Motorsport-Mannschaft“ ein Team um den Ingenieur Alexander Hitzinger unabhängig vom Rest-Konzern, aber mit Zugriff auf alle Ressourcen, bis 2024 ein „hocheffizientes Elektroauto“ entwickeln. Duesmann sprach von Artemis als einem Beiboot, das schnell vorausfährt und Wege für den ihm folgenden Tanker erkundet.
Nach Berichten ist die interne Zielvorgabe für Artemis ein Elektroauto, das in allen Aspekten das Niveau von Tesla erreicht. Wenn man akzeptiert, dass Audi mit Volkswagen bei Akkus schon so weit ist und es nach zwei Jahren Software-Revolution auch in diesem Bereich sein wird, blieben als weiterer wichtiger Tesla-Pluspunkt noch die eigenen Supercharger, die schnelles und zuverlässiges Laden ermöglichen. Dazu hieß es diese Woche aus informierten Kreisen, auch Artemis denke über ein solches Lade-Netz in Eigenregie nach. Mit den Superchargern hat Tesla allerdings schon 2012 begonnen, was bei diesem Aspekt acht Jahre Vorsprung bedeuten würde oder fünf Jahre, wenn man vom ersten Supercharger in Europa ausgeht.