Immer wieder werden in den USA Prozesse um das Autopilot-System von Tesla und dessen Weiterentwicklung FSD geführt, weil Kunden sich durch die Bezeichnung in die Irre geführt fühlen. Bislang gingen solche Verfahren stets zugunsten des Unternehmens aus oder sind noch offen, aber sie reißen nicht ab. Derzeit muss sich Tesla gegen die kalifornische Verkehrsbehörde DMV wehren, die ebenfalls an den weit reichenden Bezeichnungen Anstoß nimmt – und führt dabei gewichtige Argumente ins Feld.
Tesla-Verkaufsverbot in Kalifornien droht
Die Untersuchung begann im Frühjahr 2021, gut ein Jahr später wurde ein offizielles Verfahren daraus, und im November reichte das DMV seine Argumente dazu ein. Ähnlich wie Kunden wirft die Behörde Tesla vor, mit nicht korrekten Behauptungen für Autopilot und FSD (kurz für Full Self-Driving) zu werben. Als Beispiel nennt die LA Times in einem Bericht von Montag die Aussage, dass System sei darauf ausgelegt, kurze und lange Fahrten ohne Beteiligung der Person am Steuer zu ermöglichen.
Sollte sich das DMV durchsetzen, könnte es Tesla laut dem Bericht im Extremfall die Verkaufslizenz für den wichtigen Markt Kalifornien entziehen. Außerdem könne das Unternehmen verpflichtet werden, Personen oder Institutionen zu entschädigen, die einen finanziellen Verlust erlitten haben.
Damit steht für Tesla viel auf dem Spiel, und in eigenen Eingaben soll sich das Unternehmen jetzt entschieden gewehrt haben. Unter anderem verwies es darauf, dass sich das DMV schon ab 2014 mit der Bezeichnung Autopilot und ab 2017 mit „self-driving“ beschäftigt habe. Weil darauf keine konkreten Maßnahmen folgten, habe man implizit davon ausgehen können, dass die Begriffe genehmigt seien. Auch bei allgemeinen Regeln von 2016 habe das DMV entschieden, Ausdrücke wie „selbstfahrend“ nicht zu verbieten.
Bericht über tödliche Autopilot-Unfälle
Hier will Tesla also auf so etwas wie Gewohnheitsrecht hinaus – beruft sich aber zusätzlich auf nicht weniger als die US-Verfassung. Kalifornische Regeln über falsche Werbung würden „von der Verfassung geschützte Äußerungen, die wahrheitsgemäß und nicht irreführend sind, unzulässig einschränken“, zitiert die LA Times aus einer Eingabe. Aufgrund dieses Verstoßes gegen die Verfassung der USA (sowie die Kaliforniens) seien die DMV-Regeln ungültig. Welche Argumente schwerer wiegen, soll ein Verwaltungsgericht entscheiden.
Zusätzlich erschien am Wochenende ein Bericht, in dem es um weitere behördliche Autopilot-Verfahren in den USA geht – und zu dem Tesla gegen seine Gewohnheit nachträglich auf X ausführlich Stellung nahm. Laut der Washington Post wurde das System bei mindestens acht schweren oder tödlichen Unfällen auf Straßen genutzt, auf denen es nach Tesla-Angaben gar nicht aktivierbar sein sollte. Technisch sei das Unternehmen in der Lage, das zu verhindern, habe aber kaum Gebrauch davon gemacht.
While there are many articles that do not accurately convey the nature of our safety systems, the recent Washington Post article is particularly egregious in its misstatements and lack of relevant context.
We at Tesla believe that we have a moral obligation to continue…
— Tesla (@Tesla) December 12, 2023
Auf Nachfragen der Zeitung reagierte Tesla laut ihrem Bericht wie üblich nicht, veröffentlichte aber in der Nacht auf Dienstag eine lange Stellungnahme dazu auf der Plattform X. Der Beitrag sei empörend, heißt es darin. Tesla sei der Meinung, eine moralische Verpflichtung zu haben, die eigenen Sicherheitssysteme weiter zu verbessern. Ebenso sei es moralisch nicht vertretbar, solche Systeme nicht weiteren Verbrauchern zugänglich zu machen.
Tesla: Sicherheitsdaten „unwiderlegbar“
Als Begründung dafür führt Tesla Statistiken an, die „unwiderlegbar“ zeigen würden, dass die Systeme Leben retten und Verletzungen verhindern. So habe es im vierten Quartal 2022 nur einen Unfall pro 4,85 Millionen Meilen gegeben, wenn Autopilot-Technologie aktiviert war, im US-Durchschnitt dagegen alle 652.000 Meilen. Damit sei klar, dass mehr davon zu mehr Sicherheit führe. Außerdem erinnert das Unternehmen daran, dass Autopilot-Funktionen stets nur Assistenten seien, bei denen die Person am Steuer die Verantwortung behält. Die Washington Post habe Fälle genutzt, in denen Fahrer das System missbrauchten, und suggeriere so, dass das Problem in der Technik liegt.