Das Supercharger-Netz von Tesla soll letztlich auf der ganzen Welt für Elektroautos anderer Marken geöffnet werden, bekräftigte CEO Elon Musk am Dienstag in einem Interview bei der Konferenz FT Car of the Future. Gleichzeitig verriet er zum ersten Mal, wie das in den USA aussehen könnte: Die eigenen Supercharger dort sollen zusätzlich mit einem Kabel und Stecker zum Laden über CCS ausgestattet werden, sagte Musk. Und einen Tag später wurde bekannt, dass die in Europa bereits begonnene Tesla-Öffnung mit Belgien als nächstem Land weitergeht.
Einseitige Tesla-Öffnung in USA
In den USA ist das Supercharger-System bislang komplett proprietär – der relativ schlanke Stecker passt in keine anderen Elektroautos, und ohne Adapter kann man umgekehrt keinen Tesla an fremden Säulen laden. In Europa dagegen wählte Tesla schon für das Model S zumindest eine gemischte Lösung: Die Ladebuchse entspricht dem Standard Typ-2 für Wechselstrom-Laden, und über sie wurde auch Supercharger-Gleichstrom geschickt. Das Model 3 für Europa bekam dann gleich eine CCS-Buchse, und Tesla rüstete bestehende Supercharger mit einem Kabel dafür nach. Neue V3-Stationen in Europa werden nur noch mit CCS-Kabel gebaut – was für bisherige Model S und Model X bedeutet, dass sie zum Laden dort einen Adapter brauchen.
Und zumindest den ersten Teil dieses Umstiegs kündigte Musk jetzt auch für die USA an. Dort sei die Öffnung des Netzes etwas komplizierter als in Europa, antwortete der Tesla-Chef auf eine Frage danach aus dem Publikum bei der Konferenz am Dienstag. Der Grund sei der proprietäre Supercharger-Stecker, doch Tesla werde als Option zusätzlich dazu Stecker nach dem branchenüblichen Standard installieren. Die Bezeichnung nannte er dabei nicht, doch wie in Europa setzt sich auch in den USA zunehmend CCS durch, wenn auch in einer anderen Variante.
Der Einschätzung, dass Tesla mit der Supercharger-Öffnung für fremde Elektroautos möglicherweise einen seiner wichtigsten Wettbewerbsvorteile aus der Hand gebe, widersprach Musk nicht. In den USA wäre sie tatsächlich viel einseitiger. Denn anders als in Europa, wo Model 3 und Model Y beliebige CCS-Säulen nutzen können, würden Teslas eigene Kunden direkt erst einmal nicht profitieren. Stattdessen würden sie zusätzlich mit Elektroautos anderer Marken um Supercharger-Plätze konkurrieren. Auf der anderen Seite könnten höhere Einnahmen durch Fremdlader einen schnelleren Ausbau des Netzes unterstützen, wie ihn Musk in Zusammenhang mit der Öffnung auch angekündigt hat.
Belgischer Supercharger für fremde Elektroautos
Auf Wettbewerbsvorteile für das eigene Unternehmen kommt es dabei gar nicht an, wie der CEO am Dienstag weiter sagte. Tesla versuche, das zu tun, was Elektrifizierung insgesamt am ehesten voranbringe, auch wenn das auf Kosten seiner Markt-Position gehen könne. Die Frage, wie sich das mit den insgesamt massiven Preis-Erhöhungen zusammenpasst, die europäische Tesla-Fahrer seit Oktober 2020 am Supercharger erleben, wurde ihm nicht gestellt.
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In einem Land Europas hat Tesla sein Supercharger-Netz bereits im Februar komplett für fremde Marken geöffnet: in den Niederlanden, wo im November 2021 auch der erste Test dafür begann. Es folgten ausgewählte Supercharger in Frankreich und Norwegen; vor kurzem kam in dem Elektroauto-Land noch fast die gesamte Küsten-Kette an Tesla-Ladestationen bis zum Nordkap hinzu. Und kommende Woche dürfte auch in Belgien mindestens ein Supercharger-Standort auch andere Elektroautos mit Strom versorgen: Am Mittwoch stellte ein Twitter-Nutzer aus dem Land eine Ankündigung eines Hotels mit Supercharger ein, laut der Tesla alle Säulen an dem Standort freigeben werde. Nach seinen Angaben wurde diese Information in einer belgischen Facebook-Gruppe geteilt und dann schnell wieder gelöscht. Doch sie sah authentisch aus, und bei dem einen freien Supercharger dürfte es auch in Belgien nicht lange bleiben.