Eigentlich ist es schon spätestens seit diesem Sommer bekannt: Sämtliche inzwischen rund 150 Supercharger-Stationen von Tesla mit zusammen rund 2000 Ladesäulen entsprechen nicht den Vorschriften des deutschen Eichrechts, ebenso wie ein teils großer Anteil der Säulen anderer Gleichstrom-Anbieter, berichtete damals das Handelsblatt. Nach einem neuen Bericht der Wirtschaftszeitung gilt das aber auch für die langsameren Destination Charger von Tesla, die es in Deutschland an noch einmal etwa 1000 Standorten gibt. Und ein konkurrierender Unternehmer, der Betreiber darauf hingewiesen hatte, soll von Tesla dafür jetzt abgemahnt worden sein.
Tesla sieht sich durch Brief verungelimpft
Anders als Tesla selbst mit seinen Superchargern verstoßen Betreiber von Destination Chargern insofern gegen keine Vorschrift, als sie meist kein Geld für den Strom daraus verlangen oder jedenfalls nicht nach Kilowattstunden abrechnen. Bei den Ladesäulen handelt es sich um die gleichen, die auch private Tesla-Kunden für ihre Garage kaufen können – einen Zähler haben sie nicht. Eine Zeitlang ging Tesla auf Hotels oder Restaurants zu, um sie für eine Installation zu gewinnen, und stellte die Wallboxen kostenlos zur Verfügung. Die Standorte werden wie die der Supercharger in den Elektroautos von Tesla angezeigt.
So lange Teslas eine Seltenheit waren und Strom weniger kostete, könnte der Marketing-Effekt für die Betreiber die Kosten ausgeglichen haben, aber inzwischen werden Lademöglichkeiten von einem Service zu einem Geschäft. So hat der Gründer eines konkurrierenden Wallbox-Anbieters, Constantin Schwaab mit Wirelane, laut dem aktuellen Bericht des Handelsblatt an Hoteliers geschrieben, manche von ihnen würden mit ihren Tesla-Ladern bei den heutigen Preisen jährlich Strom für mehr als 10.000 Euro verschenken. Doch wegen dieses Briefs sei er von Tesla per Abmahnung zur Unterlassung aufgefordert worden.
Unter anderem soll der Unternehmer die Tesla-Wallbox darin als veraltet bezeichnet und seine eigene als eichrechtskonforme Alternative angepriesen haben. Darauf habe Tesla mit Post von Anwälten an Wirelane reagiert, berichtet das Handelsblatt weiter: Seine Aussagen seien verkürzt und geeignet, „die Ware und die geschäftlichen Verhältnisse von Tesla zu verunglimpfen und herabzusetzen“. Die geforderte Unterlassungserklärung habe Schwaab aber nicht abgegeben – was er geschrieben habe, sei korrekt, sagte er der Zeitung.
Deutsche Duldung für Destination Charger?
Weil Tesla bereits angedroht haben soll, vor Gericht zu gehen, wenn die Erklärung ausbleibt, dürfte von dem Eichrecht-Streit bald wieder zu hören sein. Unabhängig davon hat Schwaab Betreiber von Hotels und anderer Standorte vielleicht erst darauf aufmerksam gemacht, dass eine Umstellung ihrer Destination Charger auf nach Kilowattstunde bezahltes Laden rechtlich zumindest riskant wäre.
In den USA hat Tesla manchen von ihnen bereits angeboten, Strom aus ihren Wallboxen über die eigene App abzurechnen – offenbar sogar für Elektroautos anderer Marken. In Deutschland wäre das mangels Zähler am Wall Connector verboten. Wie Tesla mit seinen Superchargern könnte der Betreiber sich selbst anzeigen und dann auf eine Duldung durch die zuständigen Behörden hoffen. Die wird allerdings nur nach einer Einzelfall-Prüfung erteilt, bei der Infrastruktur-Ziele, aber auch Verbraucher-Schutz beachtet werden – und ein oder zwei Tesla-Wallboxen in einem Hotel würde sich eine Behörde wohl eher zu verbieten trauen als einen ganzen Supercharger-Standort.