Die Bundesregierung will mehr Elektroautos auf den Straßen und mehr Wärmepumpen in den Häusern, und 2022 hat sie beides bekommen: Bei Pkw mit Batterie wurde mit Schwung die Marke von 1 Million im Bestand überschritten, und bei den elektrischen Wärme-Erzeugern gab es bis Oktober eine Zunahme um weitere 42 Prozent. Den Klima-Zielen der Regierung kommt das entgegen. Doch weil die lokalen Stromnetze nicht überall auf den dadurch stark steigenden Bedarf ausgelegt sind, soll die Versorgung für Elektroautos und Wärmepumpen ab nächstem Jahr gedrosselt werden können.
Heikles Elektroauto-Thema kehrt zurück
Eine Initiative in diese Richtung gab es bereits vor zwei Jahren unter dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Damals kursierte ein Gesetz-Entwurf, der für steuerbare Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepunpen eine „Spitzenglättung“ vorsah, also die vorübergehende Abschaltung des Stroms für sie. Nach empörten Reaktionen aus beiden betroffenen Branchen sowie von Kunden zog der Minister den Entwurf zurück. Aber laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) ist das Thema jetzt wieder aktuell.
Als Prognosen der zuständigen Bundesnetzagentur werden in dem Bericht 14 Millionen Wärmepumpen und 32 Millionen Elektroautos in 15 Jahren genannt. Der Ausbau des Strom-Verteilnetzes (also die lokale Ebene) halte mit diesem Wachstum sowie dem bei Solaranlagen einfach nicht Schritt, sagte ein Energie-Professor der Zeitung. Die Folge könnten häufigere Strom-Ausfälle in einzelnen Straßen sein, wie es sie in Deutschland bislang kaum gibt.
Um das zu verhindern, hat Altmaiers Nachfolger Robert Habeck das Thema wieder aufgegriffen, berichtet die FAS weiter: Er habe der Bundesnetzagentur den Auftrag erteilt, per Verordnung eine Drosselbarkeit von Elektroautos beim Laden und Wärmepumpen beim Heizen vorzusehen. Betreiber von Verteilnetzen sollen steuernd eingreifen können, um deren Stabilität sichern zu können, wird aus einem Eckpunkte-Papier der Agentur zitiert. Die entsprechende Regelung solle Anfang 2024 in Kraft treten.
Drosselung teils nur nach Prognose
Die Pläne scheinen also diskret schon recht weit vorangetrieben worden zu sein. Allerdings ist laut dem Bericht keine Komplettabschaltung für stromhungrige Verbraucher geplant, sondern nur ihre Drosselung. Elektroautos sollen immer noch genügend Strom bekommen, um innerhalb von drei Stunden zumindest 50 Kilometer Reichweite nachladen zu können, sagte der Chef der Netzagentur der FAS. Ähnlich sollen sich die meisten Wärmepumpen nahezu störungsfrei weiterbetreiben lassen. Bereits heute gibt es spezielle Tarife, die gegen Rabatt eine Fernabschaltung zulassen, was die Agentur jetzt zum Regelfall machen will.
Eine Alternative wäre ein schneller Ausbau und eine Modernisierung der Verteilnetze, aber damit ist nicht zu rechnen: In manchen Bereichen dauerten die Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Stromleitungen auf der lokalen Ebene acht bis zehn Jahre, sagte ein Eon-Vorstand der FAS. Zudem wissen manche der kleineren Betreiber mangels Messtechnik nicht genau, wie eng die Lage in ihrem Netz eigentlich ist. Sie sollen deshalb übergangsweise sogar nach Prognosen drosseln dürfen. Die Frist dafür endet laut dem Bericht erst 2029. Einstweilen sind deutsche Strom-Verteilnetze also offenbar weder robust noch intelligent genug, um das erwünschte Wachstum klimafreundlicher Technologien zu unterstützen.