Für Elektroauto-Fahrer klang die Entscheidung nach einer hervorragenden Nachricht. Dass die Bundesregierung ein „Deutschlandnetz“ aus 1000 schnellen Lade-Standorten fördern will, hatte sie schon im vergangenen Juni verlauten lassen, und in diesem August wurde bekannt, dass dafür ein Höchstpreis von 44 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen ist. In einem Umfeld steigender Preise für Elektroauto-Laden unterwegs kam das bei Kunden gut an, doch bei den Anbietern sieht es anders aus: In einem gemeinsamen Schreiben haben sich die wichtigsten von ihnen – einschließlich Tesla – gegen diese Regelung in der nahenden Ausschreibung für das Deutschland-Ladenetz ausgesprochen.
Lade-Anbieter wollen Ausschreibung stoppen
Das dreiseitige Schreiben mit dem Titel „Appell der Ladeinfrastrukturbetreiber für ein Lossagen von der 100 %-Finanzierung und Preisobergrenze der Deutschlandnetz-Ausschreibung“ wurde teslamag.de von Katharina Boesche zur Verfügung gestellt, einer in Berlin ansässigen Rechtsanwältin. Wie sie erklärte, hat sie nach einer Video-Konferenz mit Vertretern der meisten Unterzeichner-Unternehmen – ehrenamtlich – einen Entwurf dafür erstellt, der dann freigegeben und an Kontakte in der Politik verschickt wurde. Mitgetragen wird der Brief sowohl von Tesla als auch von EnBW, Aral und Ionity als den größten deutschen Anbietern von schnellen Lade-Stationen für beliebige Elektroautos. Ebenfalls dabei ist der Vorzeige-Ladepark Seed & Greet am Autobahnkreuz Hilden (s. Foto oben), der von dem Öko-Unternehmer Roland Schüren mit Tesla und Fastned (ein weiterer Unterzeichner) realisiert wurde.
Zusammen bezeichnen sich die Unternehmen als diejenigen, die in den vergangenen Jahren entscheidend zum Aufbau deutscher Lade-Infrastruktur beigetragen hätten. Sie stören sich an der Preisgrenze, die Mitte August für Strom aus dem geförderten Netz genannt wurde: maximal 44 Cent pro Kilowattstunde. Für Teilnehmer an der Ausschreibung könnte sich das durchaus lohnen, weil der Staat im Gegenzug die Kosten für Errichtung und acht Jahre Betrieb übernehmen will. Aber die bestehenden Lade-Anbieter betrachten das Modell als massiven staatlichen Eingriff in den Wettbewerb.
Darüber hinaus sehen die Verfasser des Protest-Briefs auch handwerkliche Fehler. So würden sich in manchen der für das Deutschlandnetz definierten „Suchräume“ bereits schnelle Lade-Standorte befinden. Eine interessante Zwischenrolle scheint hier Tesla zu spielen: Sein CEO Elon Musk hat schon bestätigt, das das begehrte Supercharger-Netz für alle Elektroautos geöffnet wird. Das könnte noch in diesem Jahr beginnen – aber bei der staatlichen Bedarfsplanung werden die aktuell rund 100 Tesla-Standorte nicht berücksichtigt, weil sie derzeit noch exklusiv sind.
Klage gegen Deutschlandnetz möglich
In ihrer Post an die Politik wählen die 15 Lade-Unternehmen deutliche Worte. Dass geplant sei, Gewinne aus dem Betrieb des neuen Netzes weitgehend an den Staat auszuzahlen, laufe auf einen „staatlichen Verdrängungswettbewerb unter Einsatz von Steuermitteln“ hinaus, heißt es darin zum Beispiel. Und die Angelegenheit drängt: Eigentlich sollte die offizielle Ausschreibung für das Deutschlandnetz schon Mitte des Monats veröffentlicht werden. Möglicherweise wurde sie durch das Schreiben verzögert. Allerdings habe sie bislang eher von beschwichtigenden als von einsichtigen Reaktionen darauf gehört, sagt die Rechtsanwältin Boesche.
Auch die gerüchteweise für diesen Mittwoch geplante Veröffentlichung der Ausschreibung blieb zunächst aus, ohne dass es eine Information dazu gab. Doch wenn sie tatsächlich wie im August vorgestellt kommt, werden die 15 Unterzeichner das wohl nicht hinnehmen. Schon in dem Brief argumentieren sie mit Verstößen gegen Beihilfe- und sogar Grundrecht in der EU. Und wie Boesche teslamag.de sagte, war aus dem Umfeld mehrerer der Beteiligten zu hören, dass sie darüber nachdenken, gegen die Ausgestaltung der Lade-Förderung notfalls zu klagen. Noch hätten sie aber große Hoffnung, dass ihre – jetzt öffentliche – Kritik Wirkung zeigt.