Eine Fabrik von Tesla würde sich wahrscheinlich so ziemlich jedes Land auf der Welt wünschen, aber nur wenige haben ernsthafte Chancen, tatsächlich eine zu bekommen. Frankreich könnte dazu gehören, denn nach einem Treffen mit Präsident Emmanuel Macron im Mai (s. Foto) stellte CEO Elon Musk für die Zukunft erhebliche Investitionen dort in Aussicht. In einem Interview warb jetzt zudem Frankreichs Digitalminister offen um eine Tesla-Fabrik, bevor Musk Ende der Woche erneut in Paris erwartet wird. Derselbe Minister hat ihm in seiner Funktion als Twitter-Chef allerdings zuvor mit einer Sperre in der EU gedroht. Aktualisierung: Bevor der Tesla-Chef in Frankreich auftreten sollte, wurde er am Donnerstag in Italien gesehen (s. unten).
Weltweit 10-12 Gigafactorys geplant
Derzeit hat Tesla weltweit fünf als Gigafactory bezeichnete Fabriken, von denen drei Elektroautos herstellen, plant eine weitere in Mexiko und hat zusätzlich sein Stammwerk in Fremont. Bis 2030 sollen es zehn bis zwölf Gigafactorys werden, kündigte CEO Musk im August 2022 an. Mehrere neue Standorte werden also weiterhin gebraucht. Innerhalb Europas wurden als Kandidaten dafür neben Frankreich zuletzt Großbritannien und Spanien gehandelt.
Die Musk-Zusage nach dem Treffen mit Macron im Mai war denkbar vorsichtig und dehnbar, aber in dieser Woche könnten französische Politiker erneut Gelegenheit haben, den Tesla-Chef direkt zu überzeugen. Denn am Freitag wird er als Redner bei der Konferenz Viva Tech in Paris erwartet, berichtete im Vorfeld CNBC. Bei der wichtigen Veranstaltung sei die Regierung sehr präsent, heißt es in dem Bericht. Schon am Mittwoch war demnach Frankreichs Digitalminister Jean-Noel Barrot bei der Konferenz – und zählte im Gespräch mit dem Sender schon einmal die Vorteile für Tesla auf.
Tesla-Chef mit Zwischenstopp in Italien
Laut CNBC warb er expliziter um das US-Unternehmen als jeder andere französische Politiker zuvor. Eine Gigafactory in dem Land zu haben, werde großartig für Tesla sein, wird er zitiert. Frankreich habe viel Mühe und Energie investiert, um sicherzustellen, dass sie möglich ist und realisiert werde. Das klingt bereits nach einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit für eine Tesla-Ansiedlung, aber Barrot sagte auch, man werde versuchen, Musk zu überzeugen, dass das eigene Land der beste Standort ist. Präsident Macron bestätigte später, dass das Werben für Frankreich als Tesla-Standort Teil seiner Agenda sei und dass er erneut Musk treffen wird.
#ElonMusk e Giorgia #Meloni si sono incontrati oggi a #Roma pic.twitter.com/tWZvxWsncg
— Class CNBC (@classcnbc) June 15, 2023
Aktualisierung: Am Donnerstag war der umworbene Gast unerwartet zunächst in Italien. Am Abend veröffentlichte Giorgia Meloni, die Premierministerin des Landes, auf Twitter ein Foto, auf dem sie gut gelaunt zusammen mit dem Tesla-Chef in ihrem Amtssitz zu sehen ist (s. oben). TV-Aufnahmen des Zusammentreffens zeigen, dass sie sich offenbar bestens verstanden. Man habe über Chancen und Risiken von KI, europäische Marktregeln und Geburtenraten gesprochen berichtete Meloni.
Werben um Tesla, Drohung wegen Twitter
Um Tesla und eine mögliche Fabrik in Italien ging es also offenbar nicht. Doch in Frankreich dürfte die Überzeugungsarbeit während der Konferenz im direkten Kontakt mit der Politik weitergehen – und noch ein anderes Thema könnte nicht nur bei diesen Gesprächen eine Rolle spielen. Musk ist zwar nicht mehr CEO, aber wohl immer noch Mehrheitseigentümer von Twitter, und diesem Dienst hatte Minister Barrot im Mai mit einer Sperre in der EU gedroht.
Aktuelle Erfahrungen würden nicht dafür sprechen, dass Twitter in der Lage sei, die Verordnung über Digitale Dienste einzuhalten, sagte der Digitalminister laut CNBC zu dieser Zeit. Diese neuen Regeln treten im August in Kraft und sehen eine Pflicht für Plattformen wie Twitter vor, konsequenter gegen falsche und illegale Inhalte vorzugehen. Bei Verstößen drohen hohe Geldbußen, und wenn sich dadurch nichts verändert, letztlich ein Verbot, in der EU aktiv zu sein, erklärte Barrot. Diese Drohungen scheint er jetzt zwar nicht wiederholt zu haben, zog sie aber auch nicht zurück. In Paris dürften sie also zumindest mit im Raum stehen, wenn Musk vor Ort ist.