100 Millionen Euro sind viel Geld – aber nicht unbedingt für Tesla, das nach fünf Gewinn-Quartalen in Folge und drei Kapitalerhöhungen allein in diesem Jahr über Bar-Reserven von ungefähr 20 Milliarden Dollar verfügen dürfte. Trotzdem sorgt diese vergleichsweise geringe Summe jetzt offenbar erneut für Verzögerungen beim Bau der deutschen Tesla-Gigafactory bei Berlin: Das Land Brandenburg hat sie als Sicherheitsleistung für einen möglichen Rückbau eingefordert, und weil sie bislang nicht bezahlt wurde, eine Unterbrechung der Arbeiten verlangt.
Statt Geld Post von Tesla-Anwälten
Davon berichtete am Freitag die Berliner Tageszeitung Tagesspiegel unter Berufung auf einen Bescheid des Landesumweltamtes vom Vortag. Tesla baut in Grünheide bei Berlin bislang nur mit unter Vorbehalt erteilten Teil-Genehmigungen, weil das Verfahren nach dem Bundes-Immisionsschutzgesetz noch nicht abgeschlossen ist. Sollte das Projekt scheitern, müsste das Unternehmen alle bisherigen Arbeiten auf eigene Kosten rückgängig machen. Als Sicherheit diente bislang allein das Grundstück für die Tesla-Fabrik, doch angesichts des schnellen Baufortschritts verlangte das Land Anfang Dezember die 100 Millionen Euro im Form einer direkten Überweisung oder Bürgschaft.
Als Frist setzte das Landesumweltamt diesen Donnerstag, berichtet der Tagesspiegel weiter. Doch statt Geld oder Bürgschaft sei einen Tag vorher ein Schreiben von Tesla-Anwälten eingegangen, die einen Aufschub bis Mitte Januar beantragten. Die nötigen internen Abstimmungen für die Zahlung hätten noch nicht abgeschlossen werden können, soll es darin heißen. Doch laut dem Artikel ging das Land nicht darauf ein – und drohte damit, die neueste Vorab-Genehmigung werde erlöschen, wenn Tesla die Arbeiten in deren Rahmen vor Erbringen der neuen Sicherheitsleistung fortsetze.
Gigafactory-Arbeiten scheinen zu ruhen
Tatsächlich berichteten die regelmäßigen Gigafactory-Beobachter noch am Mittwoch von Aktivitäten auf dem Tesla-Gelände, am Donnerstag aber nicht mehr. Der geänderte Bescheid scheint also bei Tesla angekommen zu sein und beachtet zu werden. Zuletzt hatte das Land die Rodung von weiteren gut 80 Hektar und den Einbau der Lackieranlage erlaubt.
Aktualisierung: Einer der erwähnten Tesla-Beobachter wies auf Twitter darauf hin, dass am Donnerstag doch aktuelle Fotos von den Arbeiten in Grünheide veröffentlicht wurden – und die Aktivität darauf unterscheide sich nicht sehr von der bei seinem eigenen Drohnen-Flug am Tag zuvor. In einigen Bereichen des Baus sieht es auf den Bildern tatsächlich nach laufenden Arbeiten aus. Die vom Land ausgesprochene Sperre bezieht sich nur auf den Einbau der Lackieranlage im nordöstlichen Teil der entstehenden Gigafactory.
Zudem war @gigafactory_4 gestern vor Ort und hat Fotos gemacht. Die sich von der Aktivität nicht groß unterscheiden von den Bildern die ich am Mittwoch gemacht hattehttps://t.co/kHI1uKS0uh
— Tobias Lindh (@tobilindh) December 18, 2020
Die Baumarbeiten ruhen wegen eines Gerichtsverfahrens schon seit vergangener Woche, und jetzt offenbar auch der Einbau der Lackieranlage. Warum Tesla es nicht geschafft hat, innerhalb von gut zwei Wochen die Sicherheitsleistung zu stellen (oder es nicht wollte), blieb zunächst offen. Einen ähnlichen Fall hatte es schon in diesem Oktober gegeben: Einen Tag lang stellte der zuständige Verband Tesla das Bauwasser ab, weil eine Rechnung über 17.000 Euro trotz Androhung offen blieb. Damals war das deutsche Gigafactory-Projekt wohl führungslos, weil in dieser Zeit der anfängliche Bauleiter entlassen wurde. Seit Anfang November soll der langjährige Ford-Manager André Thierig für Teslas deutschen Fabrik-Bau verantwortlich sein.