Bei manchen Tesla-Fans ist der Ingenieur Stefan Schwunk nicht sehr beliebt. Seit mehr als zwei Jahren beschäftigt er sich in seinem YouTube-Kanal mit Elektroautos, ließ sich aber anders viele andere nicht von der Tesla-Begeisterung anstecken und kaufte vor kurzem statt eines Model 3 einen VW ID.3. Außerdem unterzog er diese beiden Modelle und weitere einem Karosserie-Qualitätstest, bei dem der Tesla (vielleicht erwartungsgemäß) klar am schlechtesten abschnitt. Doch bald könnte Schwunk selbst dazu beitragen, dass die Qualität bei Tesla in Deutschland besser wird: Am 1. Februar will der bisherige Daimler-Mitarbeiter einen neuen Job in der Gigafactory Berlin antreten.
Bei Daimler „wie in einer Behörde“
Über diesen Wechsel und die Gründe dafür berichtet Schwunk ausführlich in einem aktuellen YouTube-Video. Seit dem Ende seines Studiums im Jahr 2007 arbeitete er im Daimler-Konzern, erst als Trainee, dann als Prozessingenieur für den Mercedes SLK und seit 2018 als Qualitätsingenieur unter anderem für das Elektroauto EQC. Dort habe es ihm fast immer gut gefallen, erzählt er, und Bezahlung und Zusatzleistungen einschließlich Betriebsrente seien attraktiv.
Doch angesichts seiner Ausbildung und Erfahrung ist Schwunk auch attraktiv für Tesla. Für seine Entscheidung, sich im Sommer 2020 dort zu bewerben, gaben nach seiner Erzählung drei Gründe den Ausschlag. Sie sind jeder für sich interessant, denn ähnliche Abwägungen haben möglicherweise hunderte andere deutsche Auto-Ingenieure zu treffen oder schon getroffen.
https://www.youtube.com/watch?v=gDjl3cM63Sg
Manchmal habe er sich bei Daimler gefühlt wie in einer Behörde, berichtet Schwunk zum einen. Unterjährige Modell-Aktualisierungen wie bei Tesla seien dort undenkbar. Er aber sei „heiß“ auf Geschwindigkeit“ und wolle die von Tesla-CEO Elon Musk beschriebene Chance nutzen, in der Gigafactory in Grünheide bei Berlin eine grundlegend neue Produktion aufzubauen.
Der zweite Grund ist individueller: Er habe bislang nie offiziell Führungsverantwortung übertragen bekommen und sehe angesichts seines Alters von knapp 43 Jahren sowie der umständlichen Beförderungsprozesse bei Daimler auch kaum noch Chancen dafür, sagt Schwunk. Drittens zeigt er sich unglücklich über die Elektroauto-Politik im Konzern: Zwar gebe es dort inzwischen mehrere E-Modelle, aber noch viel mehr Hybride und reine Verbrenner. Der konsequente Umstieg auf Elektromobilität müsse von der Spitze vorgegeben werden. Daran fehle es ihm bei Daimler, und auch viele Kollegen würden immer noch von Wasserstoffautos als wahres Zukunftskonzept erzählen, sagt Schwunk.
Berichte über Tesla-Arbeit angekündigt
Bei Tesla dürfte er grundlegend andere Verhältnisse vorfinden. Im Februar will der YouTuber-Ingenieur seinen Job in der deutschen Gigafactory (in einer nicht genau genannten Position) antreten und dabei aus familiären Gründen zunächst wöchentlich von seinem Heimatort Bremen aus pendeln. Seine immerhin 12.900 Abonnenten können aber weiter auf Info-Futter hoffen, wie er ankündigte: Er werde zwar garantiert nichts verraten, was in irgendeiner Weise seinen neuen Job gefährden würde. „Natürlich“ aber werde er aus seiner Ingenieurssicht berichten, „wie es mir bei Tesla geht“. Wenn der neue Arbeitgeber das zulässt, könnte sein Schwunkvoll-Kanal also bald deutlich mehr Zuschauer finden.