Mit seinen genauen Analysen zu Karosserie-Aspekten bei den Elektroautos von Tesla ist der frühere Ford-Manager und heutige Berater Sandy Munro bei Beobachtern des Unternehmens bekannt geworden – und weil er sich zunehmend lobend darüber äußerte, auch beliebt bei Tesla-Fans. Selbst CEO Elon Musk ist schon auf den erfahrenen Experten aufmerksam geworden und plauderte in diesem April zusammen mit ihm in einem Podcast über neue Druckguss-Maschinen für das Tesla Model Y. Jetzt aber könnte das Verhältnis wieder schlechter werden: Tesla interessiere sich einfach nicht sehr dafür, die Karosserien seiner Elektroautos perfekt zu machen, sagte Munro in einem Interview.
Viel Kritik bei Tesla Model Y
Bei seiner eigenen Zerlegung eines eigens dafür gekauften Tesla Model Y ab diesem April hatte sich Munro noch recht angetan gezeigt. Er kritisierte zwar Schludrigkeiten und relativ große Spalte zwischen den Karosserie-Blechen, sagte aber anschließend, Tesla habe bei der Qualität einen „enormen“ Unterschied zum Model 3 erreicht. Insbesondere nach der Coronavirus-Zwangspause im Elektroauto-Werk Fremont aber häuften sich Berichte über unbefriedigende Qualität vor allem beim Lack des Model Y.
Er hätte die rund sechs Wochen Pause ja genutzt, um eine neue, hochmoderne Lackier-Anlage in Fremont zu installieren, sagte Munro jetzt in einem Interview mit dem YouTube-Kanal E for Electric – immerhin die neue deutsche Gigafactory soll laut CEO Musk genau eine solche bekommen. In Fremont aber hat Tesla laut Munro zum einen damit zu kämpfen, dass die Fabrik nicht neu gebaut, sondern übernommen wurde. Er sei aber auch nicht sicher, ob die dort verwendeten Anlagen von hoher Qualität und die Mitarbeiter genügend geschult und mit den richtigen Werkzeugen ausgestattet seien.
Nur Elon Musk selbst könne die Frage beantworten, warum Tesla sich mit dem Model Y nicht mehr Zeit gelassen habe, das letztlich ein halbes Jahr früher auf den US-Markt kam als angekündigt, sagte Munro weiter. Um annähernd makellose Autos zu bekommen, müsse in der Fertigung von Anfang an alles stimmen. Das beginne mit „fünf perfekten Löchern“ schon bei der Vorbereitung von Blechen – wenn solche Grundlagen nicht passten, könnten weder Menschen noch Roboter richtig gute Arbeit leisten.
Deutsche Teslas könnten besser werden
Die Qualität von Karosserien und Innenräumen wird schon fast so lange kritisiert, wie es Tesla gibt. Also dürfte auch CEO Musk von dieser Schwäche wissen. Aber möglicherweise sieht er sie gar nicht als solche: „Für die Karosserie scheint sich Tesla einfach nicht sehr zu interessieren“, sagte Munro. Denn bei allen anderen Aspekten speziell für Elektroautos wie Akku und Software könnten Kunden davon ausgehen, dass sie bei Tesla sehr gut im Griff seien. Aktuelle Umfragen in den USA belegen das: Tesla-Käufer melden zwar im Durchschnitt mehr Fehler an Neuwagen als bei jedem anderen Hersteller – und trotzdem sind sie mit Abstand die zufriedensten Kunden.
In Europa allerdings sieht es laut Munro anders aus: Hier werde von teuren Autos stärker als in den USA auch höchste Qualität erwartet. Die neue Gigafactory bei Berlin, in der ab Mitte 2021 zunächst das Tesla Model Y für Europa entstehen soll, biete aber eigentlich gute Voraussetzungen, um darauf zu reagieren, weil sie von Grund auf neu gebaut wird. CEO Musk hat zudem erklärt, mit jeder neuen Gigafactory werde auch die Konstruktion der Tesla-Elektroautos verbessert.