Nachdem Tesla das selbst geschaffene Feld der Elektroautos viele Jahre lang weitgehend für sich allein hatte, kommen jetzt zunehmend konkurrierende Angebote sowohl von etablierten Autoherstellern als auch von anderen Start-ups auf den Markt. Vor allem die Konkurrenz durch die großen alten Autokonzerne wurde zum Teil als kommende Bedrohung für Tesla gefürchtet, doch danach sieht es vorerst nicht aus: Wie der Chef des jungen Konkurrenten Lucid Motors jetzt sagte, ist der Abstand von Tesla größer, als erkannt wird, und schrumpft derzeit nicht etwa, sondern nimmt weiter zu.
Das sind bemerkenswerte Worte von einem Tesla-Konkurrenten, der ab Ende dieses Jahres selbst ein luxuriöses Elektroauto produzieren möchte. Doch Lucid-CEO und -CTO Peter Rawlinson dürfte gut wissen, wovon er spricht: Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg war er bis 2013 Chefingenieur für das Model S. In der Vergangenheit hatte er die Produkte von Tesla vorsichtig kritisiert – sie seien „Premium und Hightech, aber nicht Luxus“. Auch im Gespräch mit Bloomberg wiederholte Rawlinson jetzt, das Interieur bei Tesla erfülle keine höchsten Ansprüche.
Von solcher Detail-Kritik unbehindert hat sich CEO Elon Musk mit Tesla jedoch eine „klare Führung auf dem noch jungen Markt für Elektroautos in den USA erarbeitet“, erinnert Bloomberg, und das Model 3 sei dort zu einem der bestverkauften Autos überhaupt einschließlich konventioneller geworden. „Es gibt die Wahrnehmung, dass Tesla bei Elektroauto-Technologie in einer herausragenden Position ist“, bestätigte Lucid-Chef Rawlinson.
Vor allem die geringere Reichweite der Tesla-Konkurrenten von neuerdings massiv in Elektromobilität investierenden Autokonzernen von Volkswagen bis General Motors sieht Rawlinson als Beleg dafür, dass diese hinterherhinken. Als Beispiele nannte er Audi e-tron und Porsche Taycan. Er wolle die deutschen Hersteller für diese Elektroautos gar nicht kritisieren, erklärte der Lucid-Chef – „aber sie zeigen einfach, wie groß der technologische Graben noch ist“.
Auf sein eigenes Unternehmen möchte der Lucid-Chef die Aussage zu der Technik-Lücke vermutlich nicht bezogen sehen. Ende dieses Jahres soll die Produktion der Elektro-Limousine Air beginnen. Vorbestellungen aus Europa sind seit diesem Januar möglich. Lucid nennt für die Serienversion eine Reichweite von mehr 400 Meilen, was sogar knapp über dem Wert beim bisherigen Reichweiten-Spitzenreiter Tesla Model S läge. Zunächst war geplant, auch eine Basis-Version des Lucid Air für 60.000 Dollar auf den Markt zu bringen, doch jetzt will sich das Unternehmen vorerst auf die Preisregion ab 100.000 Dollar konzentrieren.