Der stern macht immer weiter. Vor dem Erscheinen der gedruckten Ausgabe am vergangenen Donnerstag, die einen über mehrere Monate recherchierten Bericht über die deutsche Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin enthielt, veröffentlichte er im Internet Häppchen daraus und ließ ihnen in den Tagen darauf viele weitere folgen. Ähnlich war es an diesem Mittwoch: Im Landtag widersprach Brandenburgs Gesundheitsministerium Teilen des Berichts – und wenig später erschien bei der Zeitschrift ein Online-Faktencheck, der sich auch darauf bezieht.
Ministerin: Tesla wird kontrolliert
Neben zahlreichen Details enthielt der stern-Bericht im Kern die Information, dass es bei Tesla in Grünheide sowohl zu auffällig vielen Arbeitsunfällen als auch zu gefährlichen Umwelt-Verstößen und -Vorfällen gekommen ist. Im ersten Jahr seit Start der Produktion sei in 247 Fällen ein Rettungswagen oder Hubschrauber zu der Fabrik gerufen worden, teils wegen schwerer und schwerster Arbeitsunfälle. Die Zahl der Umwelt-Vorfälle bezifferte das Magazin mit 23 seit dem Start.
Zum Thema der Arbeitsunfälle bei Tesla äußerte sich am Mittwoch im Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Brandenburger Landtags die zuständige Ministerin Ursula Nonnemacher, berichtete anschließend der Tagesspiegel. Demnach wies sie den Vorwurf mangelnder Aufsicht über Tesla zurück. Das Unternehmen werde behandelt wie jedes andere in dem Bundesland, und das Ministerium gehe jeglichen Hinweisen auf Verstöße gegen Arbeitsschutz-Bestimmungen nach.
Gigafactory-Produktion mit Baustelle
Das hatte der stern nicht direkt in Zweifel gezogen, aber ein Abteilungsleiter im Arbeitsministerium widersprach laut Tagesspiegel in derselben Sitzung direkt der Darstellung, im Vergleich zu anderen Auto-Herstellern sei die Unfall-Rate in der deutschen Gigafactory auffällig hoch. Denn zum einen müsse man berücksichtigen, dass es bei Tesla einen parallelen Betrieb von Produktion und Baustelle mit mehreren hundert Unternehmen gebe. Zum anderen seien die meisten der 190 gemeldeten Unfälle zwischen Juni und November 2022 Bagatellen gewesen. Insgesamt habe es nur sieben schwere Arbeitsunfälle gegeben, davon drei mit Tesla-Beschäftigten als Betroffene.
Ähnlich hatte zuvor Ministerin Nonnemacher gesagt, man könne die 247 Notfall-Einsätze bei Tesla nicht mit ebenso vielen Arbeitsunfällen gleichsetzen. In einer Fabrik mit 11.500 Beschäftigten können nach ihren Worten auch medizinische Probleme auftreten, die mit der Arbeit dort nichts zu tun haben.
Amputation bei Tesla kein schwerer Unfall?
Das Thema Tesla wurde in dem Ausschuss laut seinem Programm vor der Mittagspause um 13 Uhr besprochen. Etwa 45 Minuten später erschien bei stern.de ein „Faktencheck“ über Kommentare zu dem Bericht von vergangener Woche aus der brandenburgischen Politik. Um das Geschehen im Landtag verfolgt zu haben, war der zeitliche Abstand wahrscheinlich zu kurz. Aber Nonnemachers Ministerium hatte die Zahl von nur sieben schweren Unfällen bei Tesla seit 2021 zuvor schon anderen Medien genannt, und so ging auch der stern darauf ein.
Was ein schwerer Unfall ist und was nicht, liege im Ermessen des Landesamtes für Gesundheit, heißt es dazu in dem Politik-Faktencheck des Magazins. Im Jahr 2022 habe die Behörde drei Fälle als solche eingestuft. Laut einer internen Einsatz-Liste habe es bei Tesla in der Zeit aber zusätzlich mindestens zwei Notrufe aufgrund von Amputationen sowie diverse Quetschungen, Brüche oder Schnittverletzungen gegeben.