Seit vergangenem März produziert die deutsche Gigafactory von Tesla in Grünheide bei Berlin tausende Model Y, und abgesehen von kleineren Zwischenfällen wurden bislang keine erheblichen Probleme dabei bekannt. Dieser Eindruck soll jedoch täuschen: Laut einem Bericht hat es seit der Eröffnung mindestens 23 Umwelt-Havarien auf dem Tesla-Gelände gegeben. Gleichzeitig wird von auffällig vielen Arbeitsunfällen mit teils schwersten Verletzungen berichtet.
Arbeitsunfälle bei Tesla „nicht normal“
Diese Informationen stammen von dem Magazin stern, das mittlerweile mitsamt dem Mutterhaus Gruner + Jahr zur RTL Group gehört. Hinter dem Bericht steht nach den Angaben darin ein ganzes Team, das in einem Projekt zu der deutschen Tesla-Fabrik recherchiert. Schon zuvor hatte es erste Beiträge darüber geliefert, zum Beispiel in diesem Juni mit dem Inhalt, dass Tesla für die deutsche Gigafactory selbst nach Wasser bohren will.
Der neue Bericht geht jedoch deutlich weiter. „Außer Kontrolle“ lautet die Überschrift zu dem Beitrag im gedruckten Magazin (s. oben), und im Vorspann heißt es, die Politik nehme „schwere Verstöße gegen Arbeitsschutz- und Umweltauflagen“ durch Tesla hin. Worin diese bestehen, wird in zwei online verfügbaren Beiträgen nicht detailliert erklärt. Aber sie enthalten neue Zahlen, von denen die zu den Arbeitsunfällen als „nicht normal“ bezeichnet wird.
Illegale Tankstelle für Gigafactory
Demnach hat Tesla seit dem Start im vergangenen März allein 23 „Havarien“ gemeldet. Um Störfälle im strengen amtlichen Sinn handelt es sich dabei wohl nicht. Manche der Fälle waren bereits bekannt, zum Beispiel ein Feuer in einem Abfall-Lager bei Tesla im September 2022. Abgesehen davon soll es noch weitere sechs Brände sowie Vorfälle gegeben haben, bei denen Chemikalien oder Treibstoffe ausliefen. In diesem Juli hätten Prüfer zudem eine illegale Diesel-Tankstelle auf dem Tesla-Gelände gefunden.
All das sei brisant, weil sich die Gigafactory größtenteils in einem Wasser-Schutzgebiet befinde, schreibt der stern. Ein Experte wird mit der Warnung zitiert, dass schon ein dort ausgelaufener Ölkanister ausreichen könne, um nahe Brunnen über Jahre zu verseuchen. Die zuständige Behörde im Landkreis Oder-Spree gab laut dem Bericht an, ein Eindringen von wassergefährdenden Stoffen könne weder bei Tesla noch sonst irgendwo in ihrem Bereich ausgeschlossen werden. Die öffentliche Wasser-Versorgung sei jedoch nicht gefährdet.
Ministerpräsident nicht Tesla-Sprecher
Der zweite Online-Beitrag aus der stern-Recherche ist mit „Auffällig viele Arbeitsunfälle in Teslas deutscher Fabrik“ überschrieben. Darunter seien auch schwere und schwerste, wie aus Dokumenten von Behörden und Rettungsdiensten hervorgehe, heißt es im Text dazu. Zwischen Juni und November 2022 habe Tesla selbst 190 meldepflichtige Unfälle aufgeführt, praktisch täglich einen. Zur Meldung sind Arbeitgeber verpflichtet, wenn Betroffene anschließend mindestens drei Tage nicht arbeiten können.
Im ersten Jahr ab der Eröffnung sei 247-mal ein Rettungswagen oder Hubschrauber zu der Tesla-Fabrik gerufen worden, berichtet die Zeitschrift weiter. Das seien relativ zur Personal-Stärke dreimal so viele Einsätze wie zum Beispiel beim Audi-Werk in Ingolstadt. Ein Vertreter der IG Metall sagte dazu, die Häufigkeit an Arbeitsunfällen bei Tesla sei „nicht mehr normal“. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke erklärte dem stern, Unfälle im Werk seien ihm nicht unbekannt. Er sei jedoch nicht der Sprecher von Tesla, wollte also offenbar nichts weiter dazu sagen.