Tesla und Ford sind direkte Konkurrenten, aber auch gegenseitige Vorbilder. Für den Elektroauto-Hersteller hat CEO Elon Musk mehrfach die Leistung von Ford gelobt, als einziges der frühen Auto-Unternehmen in den USA noch nie in eine Zahlungsunfähigkeit geraten zu sein. Ford wiederum will wie Tesla effizientere Elektroautos bauen, Marketing stärker in Internet-Medien betreiben und Giga-Pressen nutzen, wie sein CEO Jim Farley im Mai ankündigte. In einem Podcast sagte er jetzt zudem, Tesla stehe ein „Model-T-Moment“ wie bei Ford bevor – was aber offenbar wenig positiv gemeint war.
Preise als nächste Tesla-Prüfung
Tesla ist derzeit dabei, die weltweite Auto-Industrie auf den Kopf zu stellen, Ford aber kann für sich in Anspruch nehmen, sie geschaffen zu haben. Ab 1910 produzierte das Unternehmen sein Model T erstmals auf Fließbändern, wodurch es zum ersten bezahlbaren Auto für Millionen wurde. Doch wie der aktuelle CEO Farley laut autoblog jetzt in einem Podcast-Interview sagte, konzentrierte sich der Gründer Henry Ford dabei zu sehr auf den Preis des Model T. Weitere Senkungen hätten sich als immer weniger wirksam erwiesen, und letztlich sei Ford nur noch ein Jahr von einer Pleite entfernt gewesen.
Dazu kam es bekanntlich nicht, aber laut Farley könnte Tesla bald einen ähnlich unschönen „Model-T-Moment“ erleben. Der elektrische Konkurrenz setzt seit diesem Jahr ebenfalls massiv auf Preissenkungen, was zu weiter gesteigerten Verkäufen, aber auch zu sinkenden Gewinnen bei Tesla führte. Die Kommerzialisierung und Skalierung der Produktion von Model 3 und Model Y sei gelungen, räumte der Chef des Konkurrenten ein. Jetzt aber stehe die nächste große Prüfung in Form der Frage an, wie sehr sich die Nachfrage mit niedrigeren Preisen noch stimulieren lasse.
Immer weniger Kunden würden sich mit weiteren Senkungen überzeugen lassen, sagte Farley voraus. Genau das habe Ford nach dem anfänglichen Erfolg mit seinem Model T erlebt. Ungefähr an diesem Punkt stehe jetzt auch Tesla, erklärte er, und wies dann auf die akute Insolvenz-Gefahr hin, in die sein eigenes Unternehmen durch den „Zuckerrausch“ von Preissenkungen vor vielen Jahrzehnten geraten sei. In dem zunächst anerkennend klingenden Vergleich mit dem Model T versteckte sich also eine Warnung für und mit Blick auf die Börse vielleicht auch vor Tesla.
Musk wollte nicht mehr alles riskieren
Im Prinzip sagte Farley damit einen weiteren Flirt von Tesla mit einer Insolvenz voraus, wie es ihn schon zweimal gegeben hat: Kurz vor Ende 2008 verhinderte CEO Musk eine bevorstehende Pleite mit einer Finanzierung in letzter Minute, und während des Produktionshochlaufs für das Model 3 von 2017 bis 2019 war Tesla nach seinen Angaben teilweise nur einen Monat davon entfernt, dass das Geld dafür ausgeht.
Ein drittes Mal wollte Musk das Unternehmen anschließend eigentlich nicht mehr aufs Spiel setzen, wie er mitten in diesen Schwierigkeiten in einem Interview sagte. Aber zumindest der Ford-Chef scheint das anders zu sehen. Und der Autor Walter Isaacson, der Musk für eine bald erscheinende Biografie lange begleitet hat, sagte vor kurzem, nach seinem Eindruck sei der Tesla-CEO geradezu süchtig nach Risiko.