Mit seinem ersten reinen Elektroauto hätte sich Ford kaum direkter mit Tesla anlegen können: Der Mustang Mach-E ging Ende 2020 in den Verkauf, also im selben Jahr wie in den USA das Model Y, hat ein ähnliches Crossover-Format und liegt auch bei Preisen und Reichweiten in der gleichen Region. Beide zusammen verkauften in den USA im ersten Quartal dieses Jahres rund 100.000 Einheiten, aber etwa 95 Prozent davon gingen auf das Tesla-Konto. Vielleicht deshalb erklärte Ford-CEO Jim Farley jetzt, dass er sich bei der nächsten Generation eigener Elektroautos nicht in direkter Konkurrenz mit Tesla sieht – und auch nicht mit BYD.
Ford mit Anleger-Tag wie Tesla
Mit seinem Capital Markets Day am Montag wollte Ford sich selbst und seine Aktionäre aus einer Art Strafecke an der Börse befreien, wie Farley bei der Veranstaltung sagte: Das Unternehmen stecke bei einer niedrigen Bewertung fest, aber jetzt sei die Zeit gekommen, daraus auszubrechen. Anleger könnten zusehen, wie ein neues Unternehmen zum Leben erwacht, erklärte der Ford-CEO in seiner Einleitung.
Damit meinte er aber nicht nur Elektroautos – jedenfalls bis auf weiteres muss das etablierte Verbrenner-Geschäft die Investitionen in die Zukunftspläne finanzieren, die aktuell hohe Verluste bedeuten. Wachsen will Ford auch mit Verbrennern noch, geht aus einer Präsentation bei der Veranstaltung hervor. Die Produktionskapazität der jetzt Blue genannten Sparte soll demnach in den nächsten zehn Monaten um 160.000 Einheiten steigen. Unter anderem mit wenig aufwendigen Derivaten von Erfolgsmodellen ist zudem eine Erhöhung der Gewinn-Marge von Ford Blue von 7,2 Prozent auf mindestens 10 Prozent in 2026 geplant.
Bezahlbares Elektroauto mit 3 Sitzreihen
Ähnlich wie Tesla bei seinem eigenen Anleger-Tag im März ließ auch Ford neben dem CEO weitere Manager auftreten, aber nicht so viele. Die Elektroauto-Pläne erläuterte im Detail Doug Fields, der schon bei Apple und Tesla in hohen Positionen gearbeitet hat und bei Ford die Einheit Model e leitet. CEO Farley sagte zu diesem Teil des eigenen Geschäfts, mit Tesla oder auch dem chinesischen Unternehmen BYD werde Ford darin nicht direkt konkurrieren, sondern sich in der nächsten Generation auf eigene Spezialitäten konzentrieren. Wer dagegen zweireihige Crossover anbiete, solle lieber auch die Kosten-Struktur von BYD haben, erklärte er.
Dennoch will sich Ford von Tesla weiterhin viel abschauen. Als bedeutenden Durchbruch stellte Farley zum Beispiel die Nicht-Verhandelbarkeit von Preisen dar. Außerdem wolle Ford in Zukunft nicht mehr Milliarden für klassische Werbung in Medien ausgeben und stärker in Community-Marketing investieren. Tesla arbeitet bislang fast ausschließlich damit – hat laut seinem CEO Elon Musk jedoch soeben beschlossen, erstmals mit gewöhnlicher Werbung zu experimentieren.
Field als Chef der Ford-Einheit Model e erklärte später, einer der Verteter einer neuen Elektroauto-Generation werde (nach dem F-150 Lightning) ein weiterer Pickup sein – ein „badass product“, sagte er dazu, was man von Musk ähnlich schon zum Cybertruck gehört hat. Außerdem kündigte der Ford-Manager ein dreireihiges SUV an, entwickelt für eine Familie, die ein bezahlbares und langstreckenfähiges Elektroauto wolle (s. Foto oben). Mit konsequenter Optimierung habe man die dafür nötige Batterie-Kapazität weit reduziert, erklärte Field – laut einer Grafik auf 100 Kilowattstunden.
Ford-Verträge über Lithium-Einkauf
Das soll für 350 Meilen Norm-Reichweite und noch 300 Meilen bei 70 Meilen pro Stunde genügen, und in weniger als 10 Minuten soll der Ford-Dreireiher 150 Meilen nachladen. Ein ähnliches Modell hat Tesla nur dann im Programm, wenn man das Model X mit seinen bis zu 7 Sitzen als Familien-SUV durchgehen lässt. „Bezahlbar“ im engeren Sinn ist es auch nach den Preis-Senkungen bei Tesla in diesem Jahr nicht, und das Model Y gibt es in den USA zwar mit dritter Reihe, aber die ist eng.
In einer Hinsicht aber steht Ford doch in direktem Wettbewerb mit dem Elektroauto-Pionier: bei Rohstoffen für Elektroauto-Batterien wie insbesondere Lithium. Nur wenn das Material zu zunehmenden Anteilen aus den USA oder Partner-Ländern stammt, wird lokale Batterie- und Akku-Produktion seit diesem Jahr großzügig gefördert, zum Teil hängen auch direkte Elektroauto-Subventionen davon ab. Die Quellen dafür sind begrenzt, und am Montag gab Ford neue Vereinbarungen mit mehreren Lieferanten bekannt, die sämtlich qualifiziert sein sollen. Insgesamt hat sich das Unternehmen nach eigenen Angaben bislang 90 Prozent des Nickel- und des Lithium-Bedarfs für 2 Millionen Elektroautos pro Jahr ab 2026 gesichert.