Bild: Volkswagen
Honda e. Mazda MX-30. Mini Cooper SE. Opel Corsa e. Peugeot e-208. Seat Mii Electric. Skoda Citigo e. VW ID.3: All diese reinen Elektroautos sollen im Jahr 2020 neu auf den europäischen Markt kommen, und alle zu Preisen, die bei der Basis-Version unterhalb des derzeit billigsten Tesla liegen, dem Model 3 Standard-Reichweite plus (SR+). Muss Tesla sich also Sorgen machen, dass seine Erfolgsstory in Europa 2020 endet oder zumindest unterbrochen wird? Kommt der lange beschworene „Tesla-Killer“?
Bislang konnte Tesla jeglicher elektrischen Konkurrenz erfolgreich trotzen, aber die war sehr überschaubar. Dass erst 2020 gleich eine ganze Reihe von neuen Elektroautos auf den Markt kommt, dürfte nicht nur langen Entwicklungszeiten geschuldet sein, sondern auch der Tatsache, dass es erst in diesem Jahr wirklich ernst für die Hersteller von hauptsächlich konventionellen Autos wird: Wenn der durchschnittliche CO-Ausstoß ihrer verkauften Neuwagen zu hoch ist, kommen hohe Strafzahlungen auf sie zu. Jedes verkaufte Elektroautos dürfen sie aber mit zweimal 0 Gramm gegenrechnen, was einen erheblichen Anreiz bedeutet, die E-Fahrzeuge in den Markt zu bringen.
Dort allerdings hat sich Tesla mit geschätzt etwa 56.000 Verkäufen allein im vierten Quartal in Europa schon lange etabliert – zusammen mit einem zuverlässigen und leicht zu bedienenden Supercharger-Netz, das Laden so einfach macht wie Tanken und Elektromobilität-Neulingen eine bedeutende Sorge nimmt. Weitere Vorteile von Tesla sind die fast perfekt funktionierenden Funk-Updates für die Fahrzeug-Software samt riesigem Touch-Bildschirm und immer größer werdendem Infotainment-Angebot. Und auch das Autopilot-System von Tesla wird besser und umfangreicher, auch wenn es in Europa aufgrund von Regulierungsvorschriften zuletzt etwas zurechtgestutzt werden musste.
Hinzu kommt: Auf die eine oder andere Weise können die angekündigten Konkurrenz-Autos auch bei den nackten Daten kaum gegen Teslas Volumen-Elektroauto Model 3 bestehen. Honda und Mazda begnügen sich mit einer Reichweite von 200 Kilometern, auch Mini bietet nicht mehr als 270 Kilometer, aber alle drei Elektroautos sollen deutlich über 30.000 Euro kosten. Die Elektroschwestern von Seat und Skoda sollen 260 Kilometer erreichen und schon für 20.000 Euro zu haben sein. Das ist ein vorzeigbares Preis-Reichweite-Verhältnis, aber letztlich ein Angebot für kaum mehr als den City-Markt – nicht nur wegen der Reichweite, sondern auch wegen der geringen Fahrzeuggröße.
Damit bliebe als direktester Konkurrent des Tesla Model 3, was von VW wohl auch so gedacht ist, der ID.3. Genaue Preise und Reichweiten für Deutschland sind noch nicht bekannt. Für die Schweiz und die Sonderedition 1st mit 58 Kilowattstunden Akkukapazität nennt VW als Preis aber rund 54.000 Franken. Das ist fast so viel, wie Tesla dort für sein Model 3 mit maximaler Reichweite (560 Kilometer) und Allradantrieb verlangt. Die Variante SR+ plus wiederum ist fast 10.000 Franken billiger als der ID.3 1st, und die WLTP-Reichweite mit 409 Kilometern annähernd gleich.
Fast schon peinlich für VW wäre, wenn sich beim ID.3 ein Bericht des ADAC zum Modell mit der größten Batterie (78 Kilowattstunden) bewahrheitet: Das Elektroauto könnte aus Gewichtsgründen nur für vier Personen zugelassen werden, soll ein VW-Manager angedeutet haben.
Aus preislich höheren Regionen kommt auf das Tesla Model 3 im Jahr 2020 aber noch der Polestar 2 zu. Das Elektroauto der Volvo-Tochter bekommt – weil Tesla vorgelegt hat – gleich zum Anfang eine 78-Kilowattstunden-Batterie für 500 Kilometer Reichweite. Doch das hat seinen Preis: Ohne jegliche Extras kostet der Polestar 2 laut dem deutschen Konfigurator 58.900 Euro, also rund 5000 Euro mehr als das Model 3 mit der größeren Reichweite.
Und Tesla hat für 2020 in Europa womöglich noch ein Ass im Ärmel: das Elektro-SUV Model Y, mit großer Ladeklappe und sieben Sitzplätzen wie beim Model X, aber bei einem Preis von 56.000 Euro nur rund 2000 Euro teurer als das Model 3. Irgendwann im ersten Halbjahr soll das Model Y laut Tesla-CEO Elon Musk zunächst auf den US-Markt kommen. Analysten aber sehen einen früheren Start, sodass der zweite Volumen-Tesla schon 2020 auch in Europa zu haben sein könnte.
Tatsächlich also werden 2020 in Europa deutlich mehr Elektroautos zur Auswahl stehen, und tatsächlich dürften sie ihre Nischen und Käufer finden, notfalls mit Hilfe von aggressiver Werbung und Rabatten. Aber ein echter Tesla-Killer ist auch siebeneinhalb Jahre nach dem Marktstart des Model S nicht in Sicht – wenn überhaupt, dann mit dem Model Y eher ein Tesla-Konkurrenten-Killer.