Bei neuen Elektroautos gehört mittlerweile fast zum guten Ton, dass sie in der Lage sind, über eine eingebaute Standard-Steckdose Energie an externe Verbraucher abzugeben. Eine solche Vorbereitung für „vehicle-to-load“ (V2L) ist praktisch, und manche Modelle sollen sogar in der Lage sein, einem ganzen Haus (V2H) oder dem allgemeinen Netz (V2G) Strom zur Verfügung zu stellen. Fast nur Tesla zeigt sich in dieser Beziehung bislang zurückhaltend. Doch der neue Heimspeicher Powerwall könnte nach Ansicht eines Experten verraten, dass auch dort bidirektionales Elektroauto-Laden vorbereitet wird.
Neue Tesla-Komponente mit mehr Leistung
Die dritte Generation der Tesla Powerwall wurde Mitte September zur Bestellung ab 2024 angekündigt (s. Foto oben im Vergleich zum alten Modell links). Die Kapazität blieb mit 13,5 Kilowattstunden gleich, die Dauerleistung aber erhöhte sich deutlich auf 11,5 Kilowatt. Laut Tesla-CEO Elon Musk bedeutet das, dass in den meisten Fällen einer dieser Akkus ausreicht, um bei Stromausfall ein damit ausgestattetes Haus komplett zu versorgen.
Als Produkt, das Strom sowohl speichern als auch bei Bedarf abgeben kann, ist die Powerwall so wie jeder andere Hausakku bereits bidirektional. Die für V2X erforderliche Technik ist bei Tesla also offensichtlich schon vorhanden. Beim Anleger-Tag in diesem März erklärte eine Managerin zudem, man habe inzwischen Wege gefunden, die Kosten für bidirektionales Laden zu reduzieren; wohl in den nächsten zwei Jahren werde es bei allen Elektroautos von Tesla eingeführt. CEO Musk, der dem Prinzip zuvor eher ablehnend gegenüberstand und stattdessen zur Powerwall-Installation riet, widersprach dem zumindest nicht.
Noch aber beherrscht kein Elektroauto von Tesla das, was Konkurrenz-Modelle zunehmend können, und laut Ned Funnell gibt es keinen guten Grund dafür. Der Ingenieur ist nach eigenen Angaben Architekt für Ladelösungen bei einem Service-Anbieter. Auf LinkedIn schrieb er in dieser Woche, er habe eine Ahnung, dass eine V2X-Einführung auch bei Tesla bevorsteht. Denn die Leistung der neuen Powerwall entspreche exakt den 11,5 Kilowatt, mit denen die Ladeeinheiten in den Elektroautos des Unternehmens arbeiten.
Model 3 & Model Y noch nicht bidirektional
Tesla habe also bereits eine neue Komponente mit genügend Leistung für beide Richtungen, erklärte der Experte weiter. Abgesehen davon erfordere V2X nur sehr wenige Hardware-Veränderungen, weshalb auch der Eindruck entstehe, dass alle anderen Hersteller es mittlerweile anbieten oder fest angekündigt haben. Für ihn persönlich mache schon das Fehlen einer V2L-Steckdose den Kauf eines Tesla als nächstes Auto unwahrscheinlicher. Aus diesem Grund frage er sich, ob er der Einzige sei, der einen Zusammenhang zwischen der stärkeren Powerwall und baldigem bidirektionalem Laden bei Tesla sehe.
Tatsächlich könnte die Tesla-Managerin eine in dem neuen Hausakku steckende Komponente gemeint haben, als sie im März von einer Lösung sprach, die niedrigere Kosten bedeutet. In Zusammenhang mit der Auffrischung des Model 3 für China und Europa, die Tesla Anfang September bekannt gab, war allerdings noch nicht von V2X die Rede. In dieser Woche präsentierte Tesla für China zudem bereits ein minimal überarbeitetes Model Y, doch auch bei diesem Elektroauto scheint bidirektionales Laden noch nicht realisiert zu sein.