Pünktlich zum Inkrafttreten der neuen CO2-Vorgaben der Europäischen Union sind die Emissionen von neu zugelassenen Autos in diesem Januar im Durchschnitt gesunken. Diese von mehr Elektroautos (nicht mehr nur von Tesla) getriebene Entwicklung setzte sich trotz Coronavirus-Störungen auch im Rest der ersten Jahreshälfte 2020 fort, sodass der CO2-Ausstoß von Neuwagen zum ersten Mal seit Jahren gesunken ist, und das deutlich. Das meldete jetzt die Organisation Transport & Environment (T&E) – und geht davon aus, dass Elektroautos im zweiten Halbjahr 2020 und 2021 noch gefragter sein werden, sodass alle Hersteller die EU-Ziele erreichen könnten.
Tesla mit FCA unter EU-Maximum
Schon im ersten Halbjahr habe es im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR – die EU plus einige assoziierte Länder) einen Boom bei rein elektrischen und nachladbaren Hybrid-Autos gegeben, berichtet T&E in einer neuen Studie mit dem Titel „Mission (fast) abgeschlossen)“. Ihr Anteil habe sich gegenüber Januar bis Juni 2019 auf 8 Prozent des Neuwagen-Marktes mehr als verdreifacht, später auch unterstützt von neuen Elektroauto-Förderungen als Reaktion auf die Virus-Krise.
Dadurch hätten einige Hersteller schon jetzt die EU-Vorgaben erreicht und auch die übrigen könnten dies bis Jahresende schaffen. Neben mehr Elektroautos tragen laut T&E aber auch Schlupflöcher viel dazu bei. Im laufenden Jahr sollen regulatorische Ausnahmen wie Doppel-Zählung von emissionsarmen Autos und die Nicht-Berücksichtigung der schmutzigsten 5 Prozent jedes Herstellers ungefähr die Hälfte zur rechnerischen Gesamtverringerung beigetragen haben; 2021 werden diese Möglichkeiten allerdings weniger.
In einer CO2-Bilanz von T&E zu Ende Juni müsste Tesla eigentlich allein auf weiter Flur an der Spitze stehen, doch dem ist nicht so, weil der reine Elektroauto-Hersteller dafür einen Pool mit Fiat-Chrysler gebildet hat. Die Emissionen beider Teilnehmer werden also zusammengerechnet (wofür Tesla hohe Zahlungen von FCA erhält). Zusammen stehen FCA und Tesla deshalb auf Platz 3, etwas besser als nach der allgemeinen EU-Vorgabe von maximal 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Aus eigener Kraft davor hat sich Volvo mit seinen schweren, aber häufig auch hybriden Autos (sowie der reinen Elektroauto-Marke Polestar) platziert, ganz vorn steht der französische PSA-Konzern mit Citroen und Peugeot.
Hat Tesla noch Platz im CO2-Pool?
Nach Tesla und FCA folgt schon BMW, wo das relativ gefragte Elektroauto i3 und mehrere Hybrid-Modelle den CO2-Schnitt bis Ende Juni fast genau auf die Vorgabe gedrückt haben. Das absolute Schlusslicht ist Jaguar-Land Rover, aber nicht viel besser steht der deutsche Daimler-Konzern da. Und am viertweitesten unter den 13 betrachteten Gruppen ist Volkswagen noch vom CO2-Ziel entfernt – rund 5 Gramm zu hoch pro Auto und Kilometer soll der Ausstoß laut T&E noch sein.
Schon nach diesen Daten steht die Auto-Branche insgesamt aber viel besser da, als vor Inkrafttreten der neuen EU-Regeln befürchtet. Im Vorfeld war zum Teil von Milliarden-Strafzahlungen wegen zu hoher Emissionen ab 2021 die Rede gewesen. Jetzt aber traut T&E selbst Jaguar-Land Rover zu, die Lücke von in diesem Fall 13 Gramm noch in diesem Jahr zu schließen.
Neben mehr rein und hybrid elektrischen Autos bleibt den Herstellern immer noch die Möglichkeit, sich einem Pool mit geringeren Emissionen anzuschließen. Dazu hat sich laut der Studie schon Volkswagen mit dem chinesischen Hersteller SAIC entschieden, dem die auch in Europa präsente Marke MG mit neuerdings einigen Elektro-Modellen gehört.
Neben Volvo und PSA hätte auch Tesla mit FCA noch CO2-Guthaben abzugeben. Denn im ersten Halbjahr 2020 lag der Pool-Ausstoß dieser drei Gruppen teils bereits deutlich unter der EU-Vorgabe. Und zum Beispiel bei steigendem Tesla-Absatz im Rest des Jahres und 2021 dürfte er noch weiter fallen, sodass der Elektroauto-Pionier noch mehr Emissionsfreiheit an andere Hersteller zu verkaufen hätte.