In einem langen Gespräch mit drei Journalisten hat sich der US-Produktionsexperte Sandy Munro ausführlich und zumeist begeistert über technische Entwicklungen bei Tesla geäußert. Schon beim Model 3 in seiner neuesten, in der Gigafactory in China (GF3) produzierten Version sieht Munro große Fortschritte bei Preis und Qualität gegenüber der US-Version. Und das Cybertruck-Konzept hält der langjährige Experte für so genial, dass er eine ganze Generation von Tesla-Elektroautos mit Exoskelett voraussagte.
Das Model 3 von Tesla hatte Munro anfangs noch deutlich als schlecht verarbeitet und zu kompliziert konstruiert kritisiert. Doch als er sich näher damit beschäftigte, entdeckte er Stärken bei Antrieb und Elektronik und konnte später sogar mit Tesla-CEO Elon Musk darüber sprechen und Verbesserungsvorschläge machen.
Vom Cybertruck dagegen war Munro gleich beim ersten Anblick überzeugt, wie er jetzt sagte. Neben der robusten Stahl-Hülle, die für ihn persönlich bei Offroad-Touren nützlich sei, hob er vor allem eine nach seinen Berechnungen drastisch überlegene Wirtschaftlichkeit des Tesla-Konzepts hervor.
Hauptsächlich wegen des Verzichts auf eine Lackierung und somit auf eine Lackiererei in der Produktion könne der Tesla Cybertruck mit Investitionen von nur 30 Millionen Dollar gebaut werden, rechnete Munro vor. Dabei nahm er eine Jahreskapazität von nur 50.000 Fahrzeugen an. Wenn Ford mit derselben Stückzahl F150-Pickups produzieren würde, läge der Kapitalbedarf laut Munro bei 210 Millionen Dollar, also dem Siebenfachen. Für 600.000 Autos pro Jahr sieht der Experte Investitionskosten von 125 Millionen Dollar bei Tesla gegenüber 615 Millionen Dollar bei Ford.
Er rechne nicht unbedingt damit, dass Tesla derart viele Cybertrucks wirklich verkaufen werde, erklärte Munro dazu. Aber wegen des drastischen Kostenvorteils sieht er den Pickup mit seinem Stahl-Exoskelett als ersten Vertreter einer ganzen neuen Generation von Tesla-Elektroautos. Diese müssten nicht unbedingt alle so flächig und extrem schlicht werden wie der Cybertruck. Aber Tesla werde seine Erfahrungen mit Stahl und Exoskeletten bei dem Auto intensiv für weitere nutzen.
„Ich habe nie verstanden, warum nie jemand versuchen wollte, ein Exoskelett-Design zu machen“, sagte Munro. Am Gewicht könne es jedenfalls kaum liegen: Er selbst sei an der Entwicklung eines Flugzeugs mit einem Cybertruck-ähnlichen Design aus knapp 3 Millimeter dicken Platten beteiligt gewesen, und es sei leichter gewesen als Konkurrenten gleicher Größe; allerdings kam damals Aluminium zum Einsatz.
Wenig Probleme erwartet Munro auch bezüglich Crash-Vorschriften, zu denen es in Europa schon hieß, sie würden eine Zulassung des Cybertruck hierzulande womöglich verhindern: Es dürfte nicht schwierig sein, in den massiven E-Pickup Crash-Boxen zu integrieren, also Elemente aus anderen Materialien an den Fahrzeugenden, die sich bei Kollisionen verformen sollen, sagte Munro.
Warum Tesla jetzt beim Cybertruck mit einem Exoskelett arbeite, fragte Munro sich selbst. Von ihm sei der Vorschlag nicht gekommen. Seiner Meinung nach sei CEO Elon Musk eben ein Genie und habe beschlossen, etwas radikal anders zu machen. Und bei Tesla hätten viele Leute die Freiheit, sich Stile und Erfindungen auszudenken, erklärte der Berater. In dieser Hinsicht handele Tesla eher wie ein Software-Unternehmen.