Manche Entscheidungen von Elon Musk, der mit Tesla und SpaceX gleich zwei Milliarden-Unternehmen in zukunftsträchtigen Bereichen gegründet hat, sind vielleicht nur deshalb schwer nachzuvollziehen, weil er viel langfristiger denkt und plant als andere Menschen. Warum der Tesla Cybertruck eigentlich kugelsicher sein müsse, wurde er zum Beispiel vor kurzem gefragt, und Musk antwortete flapsig, er solle eben auch für eine Apokalypse taugen. Der viel weniger aufregende Grund dafür ist aber wahrscheinlich eher, dass Musk so viel Masse will wie möglich – und deshalb sollen für den Tesla-Pickup sogar dieselben Stahl-Sorten verwendet werden wie für die SpaceX-Rakete Starship.
Experimente für SpaceX und Tesla
Das bekräftigte Musk jetzt auf Twitter, nachdem er dort erzählt hatte, dass SpaceX ständig mit neuen Stahl-Legierungen und Bearbeitungsmethoden experimentiere. Derzeit baut die Weltraum-Firma einen weiteren Starship-Prototypen, während der aktuelle SN5 derzeit nach erfolgreichen Trocken-Tests für eine erste Zündung ohne Abheben in den nächsten Tagen und später bei Erfolg eine weitere mit einem ersten Hüpfer vorbereitet wird. Traditionelle Bezeichnungen wie 304L würden bald nur noch ungefähre Anhaltspunkte geben, erklärte Musk jetzt zu den Stahl-Experimenten bei SpaceX. Er will sich also offenbar noch weiter von bekannten und bewährten Rezepturen entfernen.
In Zusammenhang mit sowohl Starship als auch Teslas Cybertruck (in dieser Reihenfolge) war bislang nur von 30X-Stahl die Rede gewesen. Zum Teil wurde das falsch als 30-mal gewalzter Stahl verstanden, aber in einer Diskussion im Tesla Motors Club ließ sich klären, dass das X in 30X als Platzhalter für eine Zahl steht. So ist 301 eine der am häufigsten verwendeten Edelstahl-Legierungen, laut einem der vielen Anbieter bestehend vor allem aus Eisen sowie 16-18 Prozent des Gewichts an Chrom, 6-8 Prozent Nickel, 2 Prozent Mangan und weiteren Stoffen.
We’re rapidly changing alloy constituents & forming methods, so traditional names like 304L will become more of an approximation
— Elon Musk (@elonmusk) July 21, 2020
Ähnlich wie bei Teslas Elektroautos, von denen das Model 3 aus China in Kürze einen billigeren Akku auf Grundlage von LFP-Zellen bekommen soll, setzt Musk also, wo sie zu haben ist, auf Massen-Ware – die er dann nach dem eigenen Bedarf weiterentwickeln lässt. An Stahl für das Starship statt einer Aluminium-Lithium-Legierung wie bei der aktuellen SpaceX-Rakete Falcon 9 hat er in der Vergangenheit vor allem die niedrigen Kosten gelobt.
Auch Tesla-Produktion kommt näher
Indem der Tesla Cybertruck aus demselben hochfesten Material gefertigt werden soll wie die zukünftige Mars-Rakete, hofft Musk offenbar, die Kosten bei beiden Unternehmen insgesamt niedriger halten zu können als mit zwei getrennten Stahl-Entwicklungen. Zudem dürfte die neue Fabrik für den Cybertruck ganz in der Nähe von SpaceX in Texas angesiedelt werden. Und dass zumindest das Exoskelett des Cybertruck dann einen Wiedereintritt in die Erd-Atmosphäre vertragen würde, kann vermutlich auch irgendwie nicht schaden – und sei es nur im Tesla-Marketing.