Am Donnerstag hat Tesla seinen Impact Report für das Jahr 2021 veröffentlicht. Gesetzlich vorgeschrieben ist so etwas noch nicht, aber die meisten börsennotierten Unternehmen informieren Anleger inzwischen, wie sie es mit Fragen von Umwelt, Gesellschaft und Governance halten. Englisch abgekürzt wird das als ESG bezeichnet, und Bewertungen auf Grundlage der Berichte dazu spielen eine immer größere Rolle an der Börse. Mit seinem Impact Report lässt sich auch Tesla darauf ein – stellt aber wie zuvor sein CEO Elon Musk das heutige System von ESG-Bewertungen grundlegend in Frage.
Öl und Gas bei ESG teils vor Tesla
Bevor es in dem neuen Bericht mit 144 Seiten an die eigentlichen Informationen geht, erklärt Tesla in einem Vorwort, dass darin nicht mehr von ESG die Rede sein wird, sondern nur von „impact“, also in etwa Auswirkungen oder Bedeutung. Denn die Welt brauche Unternehmen mit möglichst positivem Impact, während heutige ESG-Ratings nur scheinbar Auskunft darüber geben: Anleger wüssten es möglicherweise gar nicht, aber Fonds mit diesem Etikett würden manchmal Aktien von Unternehmen kaufen, die das Problem des Klimawandels noch verschärfen statt es zu mildern.
Als offensichtliches Beispiel dafür nennt Tesla die Auto-Industrie. Man würde meinen, dass die ESG-Bewertung umso besser werde, je höher der Anteil reiner Elektroautos bei einem Hersteller sei. Das sei aber nicht der Fall, heißt es im Impact Report: Stattdessen bekomme ein Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon dann ein besseres Rating, wenn es die Emissionen in seiner Verbrenner-Produktion auch nur ein wenig senke. Außerdem weist Tesla darauf hin, dass die Emissionen in der Nutzungsphase oft viel zu niedrig angesetzt seien, weil sie auf unrealistischen Annahmen basieren. Das sei der Grund, warum manche Öl- und Gas-Unternehmen bei ESG besser bewertet seien als Tesla.
Mit dieser Kritik ist Tesla nicht allein. Tatsächlich wird in dem Vorwort ein Businessweek-Artikel zitiert, in dem es heißt, die Leistung von Unternehmen mit Blick auf Klimawandel habe bemerkenswert wenig Bezug zu ihrer Positionierung in ESG-Ranglisten. Auch CEO Elon Musk und große Tesla-Anleger haben sich in der Vergangenheit in dieser Richtung geäußert. So sagte ein schottischer Fondsmanager im Oktober 2021, Moral lasse sich nicht an externe Dienstleister vergeben. Musk habe das Elektroauto-Unternehmen aufgebaut, um das gravierendste Problem der Welt zu lösen, und zwinge andere Hersteller, ebenfalls dazu beizutragen. Wegen seiner eigenen Emissionen und Governance-Fragen werde Tesla im formalen ESG-Raster aber abgewertet.
Musk will System notfalls abschaffen
CEO Musk erklärte dazu in diesem März, das gesamte ESG-System sei bis zum Wahnsinn verdreht und solle, wenn es sich nicht reparieren lasse, lieber ganz abgeschafft werden. Der jetzt veröffentlichte Bericht scheint eine Art internen Kompromiss darzustellen. Ganz ohne offizielle Angaben zu den heute verlangten ESG-Aspekten wäre Tesla für manche Fonds und andere Profi-Investoren mit vielen Milliarden in der Kasse womöglich gar nicht mehr investierbar, weil ihre Anlage-Richtlinien die Berücksichtigung vorschreiben. Aber das Vorwort macht deutlich, dass sich daran etwas ändern muss: Letztlich werde ein System gebraucht, das erkennen lässt, ob weiteres Wachstum eines Unternehmens positiv für die Welt wäre – und das auf der Grundlage von realen Daten, die zum Beispiel in der Auto-Branche durchaus vorliegen, aber nicht veröffentlicht würden,