Am selben Tag, an dem Tesla die Genehmigung für seine Gigafactory in Grünheide bei Berlin erhielt, beschloss der Aufsichtsrat des deutschen Volkswagen-Konzerns, etwas ganz Ähnliches zu versuchen: Statt die Fertigung einer neuen Generation von Elektroautos in seinem riesigen Stammwerk Wolfsburg anzugehen, baut die Kernmarke VW eine neue Fabrik in seiner Nähe. Von Konzern-Chef Herbert Diess erklärtes Ziel dabei ist, bei der Effizienz der Produktion mit der deutschen Gigafactory von Tesla mitzuhalten. Aber das Volumen der geplanten VW-Fabrik ist viel geringer und die Zeitplanung dafür weitaus weniger ehrgeizig.
Reine Elektroauto-Fabrik nah am Stammwerk
Die Bauarbeiten für die neue Fabrik in Wolfsburg-Warmenau, weniger als einen Kilometer Luftlinie vom alten Werk entfernt, sollen „bereits im Frühjahr 2023“ beginnen, teilte Volkswagen am Freitag mit. Dabei soll das Bau- und Umweltrecht berücksichtigt werden, was sich nach einem langen Genehmigungsverfahren wie bei Tesla anhört. Anders als bei dem Fabrik-Vorbild in Grünheide, das jetzt weniger als zweieinhalb Jahre nach der ersten öffentlichen Erwähnung in Betrieb gehen kann, soll die Produktion in Wolfsburg-Warmenau aber erst 2026 beginnen. Von heute an gerechnet wären das noch fast vier Jahre, und das Projekt wurde schon Ende 2021 intern intensiv vorbereitet.
Allerdings gibt es bei VW auch das Elektroauto noch nicht, das in der neuen Fabrik gebaut werden soll. Das bislang als Trinity bezeichnete Projekt soll „ein revolutionäres Fahrzeug“ auf einer neuen Plattform für die ganze Bandbreite des Konzerns werden. Einen Tag vorher gab das Unternehmen zudem bekannt, seinen Entwicklungsprozess komplett umzustellen. Er wird jetzt nach Funktionen statt Komponenten organisiert, weil Autos zunehmend zu einem „elektrisch angetriebenen Software-Produkt“ würden. Das Trinity-Auto auf der Plattform SSP soll trotzdem erst 2026 kommen, dem Vernehmen nach in der Passat-Klasse (das Foto oben zeigt einen ersten Ausblick auf die Form)
VW braucht mehr Zeit für Tesla-Tempo
Und wenn schon Fabrik-Bau und Entwicklung länger dauern, will VW zumindest bei der Effizienz der Produktion mit Tesla in Grünheide mithalten: Alle zehn Stunden soll das neue Werk für Investitionen von zwei Milliarden Euro ein fertiges Elektroauto vom Band rollen lassen und damit „Maßstäbe“ setzen. Die kommen aber eigentlich von Tesla, wie laut Berichten VW-Markenchef Ralf Brandstätter im vergangenen Oktober erkennen ließ: In zehn Stunden baue Tesla ein Model 3, während VW für seinen ID.3 im Werk Zwickau drei Tage brauche, soll er vor Top-Managern gesagt haben.
Nicht erwähnt wird in der langen VW-Mitteilung, wie viele Trinity-Elektroautos in dem neuen Werk produziert werden sollen. Nach einem Bericht des Manager-Magazin sollen es anfangs 100.000-150.000 Stück pro Jahr sein, was dann schnell verdoppelt werden solle. So käme Volkswagen nur auf etwa die Hälfte der bislang geplanten Kapazität von Teslas deutscher Gigafactory: Nach den jetzt genehmigten Plänen sind 500.000 Model Y pro Jahr vorgesehen.