Schon moderne Verbrenner wurden mit ihren Dutzenden Steuergeräten zunehmend zu rollenden Computern, und mit Tesla hat sozusagen das Smartphone-Zeitalter bei Autos begonnen – erhebliche Komplexität wird hinter einer leicht zu bedienenden Oberfläche versteckt. Diese Umstellung scheint etablierten Herstellern noch mehr Schwierigkeiten zu bereiten als der Wechsel auf elektrischen Antrieb – und spielt auf der anderen Seite Unternehmen in die Hände, die aus dem IT-Bereich stammen. So wird von Apple ein autonomes Elektroauto fest erwartet, und Xiaomi hat angekündigt, 10 Milliarden Dollar in diesen Bereich zu investieren. Und Huawei stellte jetzt zusammen mit einem Partner ein Elektroauto vor, auf dem das eigene Smartphone-Betriebssystem HarmonyOS 3 läuft.
Elektroauto zwischen Tesla und Porsche
Auf den Markt kommt es unter der Marke Aito, die über die Auto-Tochter Seres zu dem chinesischen Industrie-Konzern Sokon Group gehört. Schon im Frühjahr 2021 brachte Huawei in China zusammen mit Seres den Plugin-Hybrid SF5 auf den Markt. Das IT-Unternehmen zeichnete dabei für den elektrisch-elektronischen Teil verantwortlich und verkauft den Crossover über eigene Filialen. Und mit dem Aito M5 EV kommt jetzt das erste reine Elektroauto aus dieser Kooperation.
Optisch weckt das Crossover-SUV (s. Foto oben) vorne Erinnerungen an das Tesla Model Y und ab der A-Säule an einen Porsche Cayenne. Angeboten wird der 4,8 Meter lange Aito M5 EV in zwei Versionen mit Heck- oder Allrad-Antrieb sowie jeweils 80 Kilowattstunden LFP-Akku von CATL mit bis zu 620 Kilometern nach China-Norm. Die Beschleunigung der Allrad-Variante reicht mit 4,5 Sekunden bis 100 Stundenkilometer an die des Model Y Performance heran. Bei den Preisen wird Tesla aber unterboten: Huawei und Seres wollen ab 288.600 Renminbi (knapp 42.000 Euro) für den Aito M5 EV, das Model Y kostet in China mindestens 316.900 Renminbi, also etwa 4000 Euro mehr.
Huawei will wie Apple ins Auto-Cockpit
Westliche Hersteller tun sich laut Beobachtern mit Elektroautos in China unter anderem deshalb schwer, weil ihre Fahrzeuge weniger modernes Infotainment und Updates bieten, wie lokale Startups sie sich von Tesla abgeschaut haben. Mit Huawei im Rücken dürfte auch Aito dieses Problem nicht haben. Nach einem Bericht von CnEVPost ist der M5 EV das erste reine Elektroauto, auf dem das Betriebssystem Harmony OS3 läuft, was eine nahtlose Verbindung zwischen Mobiltelefon und Fahrzeug schaffen soll. Ähnlich wie Apple versucht Huawei also, seine Software-Kompetenz ins Auto zu bringen und könnte dabei von dem vertrauten Smartphone-Eindruck bei Kunden profitieren. In einer US-Umfrage gaben 26 Prozent der US-Autokäufer vor kurzem an, bei der nächsten Anschaffung ein Apple-Auto sicher in Erwägung zu ziehen, mehr als für Tesla.