Fast schien Tesla seine Premium-Elektroautos Model S und Model X in Europa schon vergessen zu haben. Nach der Anfang 2021 präsentierten Auffrischung dauerte es selbst in Nordamerika fast ein halbes Jahr, bis Kunden die ersten neuen Model S bekamen, und überall sonst wurden die Neustart-Termine immer weiter verschoben. Anfang August aber meldete Tesla, dass vor Jahresende zumindest die ersten Model S und Model X mit dem neuen Plaid-Antrieb in Europa ausgeliefert werden sollen. Und jetzt bekamen frühere Exemplare per Software-Update überraschend eine deutliche Steigerung der maximalen Ladeleistung.
Tesla-Update mit mehr Ladeleistung
In den USA wurden Model S und Model X schon im Juni 2020 mittels Update auf den höheren Stand von bis zu 225 Kilowatt und dann 250 Kilowatt wie bei den Volumen-Modellen Model 3 und Model Y gebracht. In Europa blieb das zunächst aus. Ein Problem dabei war, dass nur Supercharger und fremde Ladesäulen mit CCS-Stecker mehr als 150 Kilowatt liefern. Model 3 und Model Y für Europa waren von Beginn an darauf ausgelegt. Für Model S und Model X aber braucht man einen Adapter, und mit dem wurden zunächst keine höheren Leistungen als etwa 140 Kilowatt erreicht.
Mit dem Update auf die Version 2022.24.6 der Tesla-Software ab vergangener Woche hat sich das jedoch geändert. In den Hinweisen dazu wird es nicht erwähnt, aber wohl zuerst in dem deutschen Forum Tesla Fahrer und Freunde (TFF) meldete kurz darauf der Besitzer eines Model X von 2018, dass das Update eine höhere Ladeleistung gebracht habe. Dabei handelte es sich um ein Exemplar mit dem größten Akku, doch auch für Teslas mit 90er-Batterie wurde daraufhin von Leistungen oberhalb von 170 Kilowatt berichtet. Auf Twitter folgten ähnliche Meldungen von Kunden in anderen europäischen Ländern mit bis zu 190 Kilowatt.
2018 model X Moto Rugby – never seen 190kW before!! pic.twitter.com/dj1wlrSqMJ
— Peter Sabberton (@PJ_Sabberton) September 10, 2022
Auch das Model X von teslamag.de hat, nachdem es soeben erfolgreich die deutsche Hauptuntersuchung hinter sich brachte, schon die Software 2022.24.6 aufgespielt. Nicht schön daran ist, dass sie offenbar den Radar-Sensor abschaltete. Wie Teslas, die beginnend im vergangenen Frühjahr in den USA gleich ohne Radar ausgeliefert wurden, nutzt das Model X für das Autopilot-System jetzt nur noch Kameras. Das soll den Weg zum autonomen Fahren bereiten, bedeutet aber erst einmal, dass automatisches Autopilot-Lenken nur noch mit bis zu 140 km/h statt vorher 150 km/h möglich ist.
Ein von den TFF-Meldungen inspirierter Test zeigte jedoch, dass das Update auch bei unserem bereits leicht aufgefrischten Model X Raven aus 2019 zugleich die höhere Ladeleistung brachte. An einem V3-Supercharger kam es mit dem CCS-Adapter kurz auf 188 Kilowatt (s. Foto oben), erreicht für einige Sekunden bei einem Akku-Stand von 26 Prozent. Bei 30 Prozent wurden die 180 Kilowatt wieder unterschritten, und ab dann ging es rapide abwärts, bis bei 34 Prozent die 100 Kilowatt fielen. Knapp darunter blieb das Model X dann allerdings, bis wir das Laden mit 66 Prozent beendeten. Bei etwa 20 Grad Außentemperatur waren anschließend weder der Supercharger-Stecker noch der CCS-Adapter fühlbar heiß.
Model S und Model X aufgewertet
Wie viel die höhere Leistung in Minuten gesparter Reisezeit bringt, werden erst weitere Tests zeigen, aber Besitzer von Model S und Model X zeigten sich über die Aufwertung ihrer Elektroautos erfreut, die von Tesla nach dem Refresh Anfang 2021 schon als „legacy“ bezeichnet werden, also als Altlast oder historisch. Mehr dürfte dem Adapter aber kaum zuzumuten sein, denn im eigenen Online-Shop schreibt Tesla, er sei für maximal 142 Kilowatt ausgelegt. Bei den neu kommenden Model S und Model X wird sich dieses Problem nicht mehr stellen, denn die sind für Europa gleich mit einer CCS-Ladebuchse ausgestattet und sollen laut Tesla wie in den USA mit bis zu 250 Kilowatt laden können.