Vielleicht noch intensiver als zu jedem Quartalsende hat Tesla-CEO Elon Musk bis zum letzten Juni-Tag versucht, seine Mitarbeiter zu Höchstleistungen anzuspornen, um trotz Coronavirus-Problemen im zweiten Quartal 2020 vielleicht sogar noch die Gewinnschwelle zu erreichen. Sie sollten „alles geben“, bat der Tesla-Chef per E-Mail. Passend dazu wurde kurz darauf sogar der Prototyp eines Tesla Semi im praktischen Ausliefer-Einsatz gesichtet, erst unterwegs und später (fast) wie ein ganz normaler Tesla an einem Supercharger. Und bei dieser Gelegenheit fotografierte ein Mitglied eines lokalen Tesla-Clubs das interessante Lade-Arrangement für den Elektro-Sattelschlepper und das Innere der Fahrer-Kabine.
Schweigsame Tesla-Mitarbeiter
Er habe am Montag nur sein Model 3 für eine Reparatur in das Tesla-Center Rocklin bei Sacramento in Kalifornien bringen wollen, berichtete @sacramentotesla im Twitter-Gespräch mit teslamag.de, als er den Semi heranfahren gesehen habe. Auch viele Tesla-Mitarbeiter habe das nach draußen gelockt, aber „die Fahrer“ des Semi (also mindestens zwei Personen) hätten nicht jeden der Neugierigen in die Nähe gelassen und auch nichts sagen wollen.
Jegliche Bilder aber konnten oder wollten sie nicht verhindern – auch wenn die Frage von @sacramentotesla, ob er von innen das Cockpit des Elektro-Sattelschleppers fotografieren dürfe, nach seinem Bericht nur mit eisigem Schweigen beantwortet wurde. Im Weggehen gelang ihm eine stark verspiegelte Aufnahme von außen in den Innenraum, auf der allerdings nicht viel zu erkennen ist. Und er fotografierte die Adapter-Box, mit deren Hilfe offenbar selbst die älteren V2-Supercharger in Rocklin hinreichend schnell Strom für den Tesla Semi lieferten.
https://twitter.com/sacramentotesla/status/1277758229414469632
Anders als die neue Supercharger-Generation V3, die bis zu 250 Kilowatt Leistung pro Säule liefert, gibt es bei V2 höchstens 150 Kilowatt. Dieser Standard ist bei Tesla auch in den USA noch am weitesten verbreitet. Bei früheren Lade-Stopps von Semi-Prototypen auf Test-Fahrten war deshalb beobachtet worden, dass bis zu fünf Supercharger-Säulen mit Adaptern zu einem improvisierten Semi-Megacharger zusammengefasst wurden. Rechnerisch würde das schon eine Ladeleistung von 750 Kilowatt bedeuten.
Zwei Säulen für den Tesla Semi
Für das Laden während des Liefer-Einsatzes in Kalifornien nutzten die Semi-Fahrer jetzt allerdings nur 2 der 18 Supercharger am Rocklin Center, wie @sacramentotesla berichtet. Fotografieren konnte er nur einen Teil des Arrangements dafür: eine kompakte weiße Box neben dem Semi, in die oben ein dickes schwarzes Kabel hineinführt; zwei weitere kommen heraus und enden in einem massiven Stecker, der in der linken Seite des Fahrzeugs steckt. Nach Angaben des Twitter-Nutzers stand eine weitere Box (die er nicht fotografieren konnte) in der Nähe und vereinte zwei Supercharger-Säulen zu dem Kabel, das zu der Box am Semi führte.
Insgesamt dauerte das Laden nach seiner Schätzung etwa eine halbe Stunde, was bei höchstens 300 Kilowatt Leistung aus zwei Supercharger-Säulen bis zu 150 Kilowattstunden Strom-Aufnahme bedeuten würde. Die genaue Akku-Größe des Semi ist nicht bekannt, wird aber auf mindestens 600 Kilowattstunden geschätzt. Beim Stopp in Rocklin nahm der Prototyp also höchstens ein Viertel davon mit – aber seine Auto-Ladefläche war schon viel leerer als bei der ersten Semi-Sichtung am Freitag, sodass sich sein Praxiseinsatz vielleicht bereits dem Ende zuneigte.