Ab wann ist ein Shitstorm ein Shitstorm? Das Wort steht seit 2013 im deutschen Duden und bezeichnet laut der Erläuterung dort einen Sturm der Entrüstung im Internet, der ins Beleidigende abgleitet. Laut Medien-Berichten hat Tesla schon einige davon erlebt, aber eigentlich nur in Zusammenhang mit Twitter-Ausfällen von CEO Elon Musk wie seiner Hitler-Provokation gegen den kanadischen Premierminister in diesem Februar, und meist stammt die Kritik vor allem von Leuten, die ihn ohnehin nicht mögen. Über das Osterwochenende aber bekam Tesla selbst und auch von Kunden ordentlich Feuer im Internet – wegen einer vergleichsweise unbedeutenden Änderung beim Lieferumfang seiner Elektroautos.
Tesla-Verteidiger rügt CEO Musk
Als Erster entdeckt hat sie wieder einmal der deutsche Student @tesla_adri, der nach eigenen Angaben mit einem Skript Änderungen im Quellcode der Tesla-Website verfolgt. In der zweiten April-Woche wurde in der englischen Version das Wort „included“ vor der Erwähnung des Mobile Connector (s. Foto) gestrichen, den Tesla bislang allen seinen Elektroautos beilegt – er ermöglicht das langsame Laden ohne spezielle Infrastruktur an normalen Steckdosen. Und am Samstag stellte @tesla_adri fest, dass das als UMC2 abgekürzte Extra auf der US-Seite über Heim-Ladeoptionen nicht mehr als Bestandteil des Lieferumfangs angegeben ist, sondern mit einem Preis von 400 Dollar.
Das schien zunächst nur die USA zu betreffen. Auf der deutschen Version der Lade-Seite stand jedenfalls auch am Ostermontag gegen Mittag noch, dass der UMC bei der Lieferung inbegriffen ist. Doch die englische Twitter-Nachricht von @tesla_adri wurde vielfach aufgegriffen und auch im deutschen Forum Tesla Fahrer und Freunde (TFF) intensiv diskutiert. Schon die erste Reaktion darauf von @WholeMarsBlog, sonst einer der eifrigsten Verteidiger von Tesla und seines CEO auf Twitter, fiel kritisch aus: „Enttäuschende Entscheidung!“, schrieb er streng an Musk gerichtet.
Disappointing move! @elonmusk https://t.co/knjSg3YeOW
— Whole Mars Catalog (Supervised) (@WholeMarsBlog) April 16, 2022
Der versuchte es zunächst mit Daten. Mit wenig Nutzung hatte der Tesla-Chef schon das Weglassen der verstellbare Lordosen-Stütze für Beifahrer in Model 3 und Model Y im vergangenen Mai gerechtfertigt, was die ohnehin gemäßigten Proteste dagegen schnell wieder abflauen ließ. Auch beim UMC sei die Nutzung statistisch „superniedrig“ gewesen, schrieb er jetzt dazu. Außerdem komme als kleiner positiver Aspekt hinzu, dass demnächst mehr Adapter im Preis des Ladezubehörs enthalten seien.
Damit kam Musk in diesem Fall aber nicht weit. Etwa einen halben Tag später meldete er sich erneut dazu und kündigte an, wegen der eingegangenen Rückmeldungen werde der Preis für den UMC auf 200 Dollar gesenkt; außerdem solle es leicht gemacht werden, ihn zusammen mit einem neuen Tesla zu bestellen. Im Übrigen empfehle er, zuhause statt mit der mobilen Lösung lieber mit einer fest installierten Tesla-Wallbox zu laden. Doch auch das brachte den aufbrandenden Shitstorm nicht zum Erliegen, auch wenn einzelne Kommentatoren Musks Bereitschaft lobten, rasch auf Kunden-Kritik zu reagieren.
Ladezubehör im Shop derzeit ausverkauft
Wenn die Entscheidung ansonsten verteidigt wurde, dann mit Verweis auf die vielen Ressourcen, die mit dem Verzicht auf das laut Musk selten genutzte Extra nicht mehr verbraucht würden. Das scheint jedoch nicht unbedingt die wahre Motivation von Tesla gewesen zu sein, denn in seinen Web-Shops für die USA wie Deutschland wurde der UMC am Montag als nicht vorrätig angezeigt. Die Kritik blieb wohl auch deshalb auch nach Musks Entgegenkommen massiv (zumal es noch nicht umgesetzt ist und so etwas bei Tesla erfahrungsgemäß dauern kann). Die vielen und teils drastischen Preiserhöhungen für Elektroautos wie Supercharging bei Tesla in den vergangenen Monaten hat die Community weitestgehend klaglos hingenommen. Möglicherweise wegen des psychologischen Effekts der Verlustaversion fiel die Reaktion auf den Wegfall des Lade-Zubehörs dagegen heftig aus.