Manchmal weiß man bei Tesla-CEO Elon Musk nicht so richtig, wie seine Twitter-Nachrichten zu verstehen sind – zum Beispiel, als er vor kurzem Russlands Präsident Putin zu einem persönlichen Zweikampf um die Ukraine aufforderte. Oft genug aber stellt sich eine erstaunliche Musk-Mitteilung als ernst gemeint heraus, etwa nachdem er einer Abstimmung über den Verkauf von 10 Prozent seiner Tesla-Aktien Taten folgen ließ. Und jetzt befragt Musk erneut seine Twitter-Gemeinde und wies eigens darauf hin, dass das Ergebnis dieser Abstimmung wirklich wichtig sei.
Musk befragt Twitter zu Twitter
Darin geht es um den von Musk und seinen Anhängern intensiv genutzten Twitter-Dienst selbst: Ob der strikt das Prinzip der freien Rede einhalte, fragte der Tesla-Chef am Freitagmorgen deutscher Zeit mit den Antwort-Möglichkeiten Ja und Nein. Für eine funktionierende Demokratie sei dieses Prinzip unverzichtbar, schickte er voraus. In den ersten Stunden zeichnete sich eine deutliche Mehrheit für die zweite Variante ab, also die Ansicht, dass Twitter freie Rede einschränkt.
Das hörte sich bereits ernst an, und etwa eine Stunde nach dem Start der Umfrage auf und über Twitter legte Musk nach: Deren Konsequenzen würden wichtig sein, weshalb man bitte sorgfältig abstimmen möge, antwortete er sich selbst. Außerdem scheint er derzeit im Clinch mit dem Twitter-Mitgründer Jack Dorsey zu liegen, mit dem er sich bislang verbunden gezeigt hatte: Vor seiner „freie Rede“-Umfrage ließ Musk bereits darüber abstimmen, ob der Twitter-Algorithmus Open Source sein müsse.
Free speech is essential to a functioning democracy.
Do you believe Twitter rigorously adheres to this principle?
— Elon Musk (@elonmusk) March 25, 2022
Dieses Twitter-Votum ging klar zugunsten von Open Source aus. Doch Dorsey selbst meldete sich mit einer anderen Meinung zu Wort. Der Mitgründer war eine Zeitlang CEO von Twitter, dann wieder nicht, dann wieder CEO und trat zuletzt im November 2021 zurück. Das hatten große Anleger schon vorher gefordert, und bei dieser Gelegenheit erklärte Tesla-Chef Musk, er unterstütze Dorsey. Die Open-Source-Frage und die Demokratie-Abstimmung sprechen dafür, dass das jetzt nicht mehr so ist. Und Dorsey schrieb dazu, noch während die erste Musk-Umfrage lief, wichtig sei, dass jeder frei entscheiden könne, welchen Algorithmus er nutze.
Ein soziales Medium vom Tesla-Chef?
So oder so hat der Tesla-Chef offenbar vor, wie bei seinen Aktien erneut eine Twitter-Abstimmung zur Grundlage für eine wichtige Entscheidung zu machen – auch wenn er dieses Mal nicht verriet, worin die bestehen könnte. Denkbar wäre, dass er einen unternehmerischen oder wohltätigen Ausflug in die Welt der sozialen Medien im Sinn hat. Wenn große Plattformen ihre Auswahl-Algorithmen nicht offenlegen, könne man kaum sicher sein, dass sie zeigen, was in der Welt wirklich passiert, schrieb Musk schließlich zu seiner Open-Source-Umfrage.
Auch wenn ihm mehrfach entgegengehalten wurde, dass freie Rede als Recht gegenüber dem Staat zu verstehen ist, nicht gegenüber privaten Unternehmen: Der CEO könnte durchaus versucht sein, seinem Ex-Kollegen bei Twitter zu zeigen, wie man ein wirklich offenes Sozialmedium realisiert – oder jedenfalls eines, das nach Musks offengelegten Vorstellungen funktioniert. Ähnliche Ambitionen hat er in der Vergangenheit mit Blick auf klassische Medien gezeigt, die er ebenfalls häufig kritisiert. Aber noch hat er keine Umfrage darüber gestartet, wie diese es mit der freien Rede halten.